Mein persönlicher Schmerzverlauf

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Vorstellung Lila: Migräne als psychische Belastung – bin ich die einzige?

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    Beiträge
  • Lila
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 2

    Hallo miteinander
    Heute habe ich diese website entdeckt. Die Tatsache, dass ich nicht alleine bin hat mich ziemlich überwältigt.
    Seit meinem 12.Lebensjahr leide ich unter Migräne mit Aura. Und obwohl einige meiner Tanten und auch ein Cousin auch davon betroffen sind, habe ich niemanden mit dem ich mich wirklich austauschen kann.

    Da ich mich in Behandlung befinde und die neuen Medikamente relativ schnell (1-2 Stunden) wirken, komme ich mit den Schmerzen klar. Jedoch wird die Erkrankung immer mehr zu einer psychischen Belastung.
    Oft ziehen sich meine Anfälle über mehrere Tage hinweg, wobei die Intensität der Schmerzen und der anderen Symptome variieren. Nach Anfällen bin ich total erschöpft und könnte nur noch weinen, weil ich endlich ein “normales” Leben führen möchte.

    Früher konnte ich genau einschätzen wann eine Migräne begann und konnte rechtzeitig reagieren. Heute ist das leider nicht mehr so. Bei Beginn und nach einem Migräneanfall bin ich sehr dünnhäutig und reagiere teilweise extrem. Meistens wird mir dieses Verhalten erst im Nachhinein bewusst und ich möchte dann am liebsten im Erdboden versinken.

    Immer wieder stelle ich fest, dass die meisten Menschen keine Ahnung von Migräne haben.
    Sehr oft wurde mir (ungefragt) gesagt, dass ich bestimmt einen Hirntumor habe oder dass ich mich
    nicht so anstellen soll. Dass ich niemandem zur Last fallen und kein Jammerlappen sein möchte, macht die Situation für mich und meine Mitmenschen bestimmt auch nicht einfacher. Obwohl ich eigentlich sehr kommunikativ bin, fällt es mir schwer über Migräne zu sprechen.

    Wie geht ihr damit um? Klärt ihr die Leute in eurem Umfeld auf und wenn ja, wie?
    Ich wäre unendlich dankbar für Tipps wie ich mit der Anspannung und der Angst vor Anfällen umgehen soll.
    Bin mir ernsthaft am überlegen meine Verlobung zu lösen und zukünftig alleine zu leben.
    Mein Partner ist sehr liebevoll und versucht auch mich zu unterstützen. Aber meine zickige Art vor und während der Migräne bringt auch ihn langsem an seine Grenzen.

    Auch meine berufliche Zukunft macht mir wegen der Migräne Sorgen. Ich bin in der Immobilienbranche tätig und arbeite hauptsächlich mit Männern zusammen. Leider entspricht es der Realität, dass ich mich aufgrund meines Geschlechts immer zuerst beweisen muss, während bei meinen männlichen Kollegen einfach angenommen wird dass sie über die entsprechenden Kompetenzen verfügen. Da ich mich zurzeit nach einer neuen Stelle umsehe, frage ich mich ob und wie ich die Migräne ansprechen soll. Wie geht ihr vor?

    Liebe Grüsse
    Lila

    regenbogen68
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1747

    Liebe Lila,

    es erstaunt mich, dass du überlegst, die Verlobung von dir aus zu lösen. In Anbetracht deiner Ängste und Unsicherheiten würde ich psychologische bzw. psychotherapeutische Hilfe in Anspruch nehmen.

    Du schreibst nicht, was du medikamentös gegen die Migräne unternimmst. Eine Prophylaxe könnte sinnvoll sein, um die Attackenzahl zu senken. Im Forum findest du dazu allerhand Infos.

    Gruß
    Regenbogen

    heika
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 6660

    Liebe Lila,

    es ist bei uns doch auch nicht anders, dass wir uns bei gewissen Themen, die andere Leute betreffen, nicht auskennen. Was es z.B. bedeutet, eine pflegebedürftige Person zuhause zu pflegen, einen geliebten Menschen durch einen Unfall oder anderen Tod zu verlieren, ein behindertes Kind zu haben, oder…
    Den vollen Umfang eines Leidens und der umfassenden Konsequenzen auf das eigene Leben verspüren nur die Betroffenen selber. Fremde je nach Einfühlungsvermögen mehr oder weniger.
    Ich kläre im engen Umfeld über meine Krankheit umfassend auf, im weiteren Umfeld nur bei echtem Interesse.

    Inwieweit eine Beziehung mit der Belastung durch die Migräne fertig wird, könnt ihr nur gemeinsam im ganz offenen Gespräch klären. Wobei man niemals irgendwelche Entwicklungen für die Zukunft voraussehen kann. Ihr könnt nur über die Situation reden, wie sie sich heute darstellt, ob ihr das so miteinander packt oder nicht.

    Die Sehnsucht nach einem “normalen” Leben (in diesem Fall ohne Migräne) ist sehr verständlich, wird aber wohl erst einmal ein unerfüllter Wunschtraum bleiben. Sich danach zu verzehren, würde nur unnötig zusätzliche Kraft kosten, die wir nicht haben. Für mich ist es ein ständiger Prozess in meinem Leben, ganz realistisch auszuloten, was geht und was nicht. Es gibt Grenzen, die sind mir durch meine Krankheit gesetzt, und die muss ich akzeptieren. Dazu gehört bei mir, dass ich nie so leistungsfähig sein werde wie Menschen ohne Migräne. Oder dass ich mehr Ruhepausen brauche, gerade nach langen und kräftezehrenden Attacken.
    Und mit diesen Grenzen muss auch ein Partner leben können.

    Lieber Gruß
    Heika

    lili
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 260

    Liebe Lila,
    ich mache seit längerem Therapie und habe das Gefühl, dass mich das sehr stärkt, wenn es darum geht mit den Folgen der Krankheit zu leben und mich dafür nicht auch noch zusätzlich fertig zu machen. Meine Therapeutin kannte sich erst auch nicht aus mit Migräne, aber das war für mich auch eine gute Übung und ich weiß jetzt, dass auch Menschen verstehen können, die das selbst nicht erleben, wenn Sie sich dafür entscheiden wirklich zuzuhören und nicht zu urteilen. Und sich Hilfe holen, wenn man Hilfe braucht ist auch eine gute Übung.
    In einer Partnerschaft ist das nicht leicht mit Migräne, finde ich bei mir auch nicht, aber warum willst DU dich trennen? Heißt das, du darfst nicht in einer Partnerschaft leben, weil du krank bist? Willst du dich noch zusätzlich bestrafen? Viele Menschen sind krank und leben dennoch in einer Beziehung. Und im Alter sind dann ohnehin alle irgendwann auch krank, wir “dürfen” nur schon vorher üben. 😉
    Ich würde sehr viel dafür geben ohne Migräne zu leben, aber diese Wahl habe ich nicht. Ich kann mich nur dafür entscheiden das Beste draus zu machen und das versuche ich. Was nicht heißt, dass ich nicht auch fluche, traurig bin, Angst habe, reizbar bin. Aber ich bin eben auch glücklich, fröhlich, dankbar und humorvoll. Manchmal auch verschiedene Dinge gleichzeitig.
    Ich wünsche dir alles Gute und hoffe du kannst mit meinen Gedanken was anfangen.
    Liebe Grüße
    lili

    BettinaFrank
    Verwalter
    Beitragsanzahl: 32266

    Herzlich willkommen, liebe Lila. 🙂

    Ich kann mich nur den anderen anschließen, dass man sich den Aufgaben stellen sollte, die so auf einen zukommen. Zuerst solltest Du an Deiner Behandlung optimieren, was man optimieren kann. Dazu gehört auch eine medizinische Prophlaxe, wenn man an die Grenze der 10 “erlaubten” Behandlungstage im Monat kommt. Führst Du eigentlich ein Kopfschmerztagebuch? Wie oft behandelst Du Deine Attacken im Monat? Hochdosiertes Magnesium und Vitamin B2 könnte hilfreich sein als tägliche Prophylaxe.

    Ich würde Dir eine Verhaltenstherapie ans Herz legen, damit Du Strategien an die Hand bekommst, adäquat mit Deiner Erkrankung umgehen zu können. Das kann man lernen, keine Sorge. 🙂 Vor den Attacken sind viele dünnhäutig und dann vielleicht auch aggressiver seinem Partner gegenüber. Aber auch hier kann man an sich arbeiten und sich selbst beobachten. Wenn Du merkst, dass die Nerven sehr angespannt sind, sag dies Deinem lieben Partner gegenüber ganz offen und zieh Dich selbst etwas zurück. Als Betroffener ist man zwar wirklich sehr arm und bedauernswert, keine Frage, aber auch Partner leiden darunter. Daher braucht auch er etwas Schonung, indem Du ihm “aus Rücksichtnahme” ein klein wenig aus dem Weg gehst, wenn Du “geladen” bist. 😉

    Du hast eine neurologische Erkrankung, die man nicht heilen kann. Aber man kann sie sehr gut behandeln und man kann auch sehr gut mit ihr leben. Hättest Du eine Herzerkrankung, oder Diabetes, oder wärst im Rollstuhl, müsstest Du auch mit den Herausforderungen irgendwie klarkommen. Damit Du den richtigen Einstieg dazu schaffst, kümmere Dich schnell um eine Verhaltenstherapie. Du wirst sehen, wie schnell es Dir danach besser gehen wird. Und die Verlobung löst Du bitte, bitte nicht, was für ein abwegiger Gedanke. 😉 Du hast einen lieben Partner, sei glücklich und dankbar dafür.

    Wir sind hier immer für Dich da, wenn Du Hilfe oder auch nur Zuspruch brauchst. 🙂

    Alles Gute und liebe Grüße
    Bettina

    Ria
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 32

    Liebe Lila, auch ich kann mich allen anderen auch nur anschließen!! Das was du beschreibst kenne ich auch und ich bin traurig, dass ich nicht so leistungsfähig bin wie ich gerne möchte. Vieles habe ich lange Zeit nicht eingesehen und durch Fehlverhalten wiider besseren Wissens, auch häufiger mal Migräneanfälle produziert. Eine Art Trotzreaktion auf diese Krankheit, nur dass ich mich selbst damit bestraft habe. Ich hadere immer wieder mal, wegen meiner ziemlich unsteten Belastabarkeit und bin trotz 30 jähriger Migränegeschichte immer wieder am ausloten wieviel ich mir zumuten kann. Ich werde aber immer besser und Therapie hilft mir auch dabei.
    Liebe Grüße
    Ria

    KaGo
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 184

    Hallo Lila,
    auch ich kann mich den Ausführungen der anderen nur anschließen. Insbesondere die Trotzreaktion scheint eine wohlbekannte Verhaltensweise zu sein und bereitet auch mir -trotz langer Migräne”erfahrung”- immer wieder Probleme.
    Es gibt Tage an denen ich einen freundlichen Umgang mit meinem Untermieter “Migräne” pflege und dieser sich dann auch dementsprechend nett verhält. Das bedeutet für mich im Klartext nach Möglichkeit keine Arbeitstage über 8 Stunden, keine unregelmäßigen Mahlzeiten, ausreichend Schlaf, ein reizarmes Umfeld sowie ein bisschen mehr Zeit für die Dinge, die mir Freude bereiten.
    Von den Tagen an denen ich dem Untermieter einen Tritt versetze, erzähle ich lieber nicht 😉 – er verhält sich dann genauso boshaft und schlägt gnadenlos zurück. Und – das ist sicher, den Kürzeren ziehe ich dabei.
    Auch wenn es noch so schwer fällt, bedeutet es immer wieder die Belastungsgrenze, je nach aktueller Tagesform, auszubalancieren, anzupassen und sich mit der Akzeptanz der Krankheit auseinanderzusetzen.
    Liebe Grüße
    KaGo

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