Nichtmedikamentöse Vorbeugung

Nichtmedikamentöse Vorbeugung

Erlangung von Sozialkompetenz

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  • Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 32614

    Weniger Stress, mehr Selbstsicherheit

    Durch Stressbewältigungstraining sollen Patienten in die Lage versetzt werden, innere und äußere Bedingungen wahrzunehmen, die bei ihnen Stress auslösen, und diese mit zielgerichteten Verhaltensmaßnahmen zu verändern. Der Betroffene erlernt dabei Techniken, die ihn mit Stresssituationen eigenständig fertig werden lassen.

    Der erste Schritt im Stressbewältigungstraining ist stets eine Analyse. Zusammen mit dem Therapeuten erstellt der Patient eine Liste von stressauslösenden Situationen und bringt sie nach Wichtigkeit bzw. Häufigkeit in eine Rangfolge. Dann soll sich der Patient die verschiedenen Stresssituationen gedanklich vorstellen und dabei eventuell gleich Verhaltensstrategien gedanklich vorbereiten.

    Im Anschluss an die Stressanalyse soll der Patient lernen, stressauslösende Faktoren als Aufforderungen anzusehen, die er mit zielgerichteten abwehrenden Verhaltensmaßnahmen beantwortet. Um dies zu erreichen, soll der Betroffene Selbstbeobachtungsverfahren, wie zum Beispiel Stresstagebücher, einsetzen, um Stresssituationen im Alltag besser wahrnehmen und anhand seiner Protokolle später bearbeiten zu können.

    Dann lernt der Patient abwehrende Verhaltensmaßnahmen. Dies kann sowohl in Einzel- als auch in Gruppentherapie erfolgen. In der Gruppentherapie bieten sich Rollenspiele an, um das notwendige Verhalten in sozialen Stresssituationen mit anderen zu üben. Nachdem die Verhaltensmuster in der Gruppe erlernt und erprobt worden sind, können sie im täglichen Leben durch Hausaufgaben geübt werden.

    Selbstsicherheitstraining

    Das Selbstsicherheitstraining soll Patienten in die Lage versetzen, für ihre persönlichen Rechte einzustehen und ihre eigenen Gedanken, Gefühle und Einstellungen ausdrücken zu können. Mehr Selbstsicherheit und soziale Kompetenz können dazu führen, dass man sein Leben mit wesentlich mehr innerer Gelassenheit und Ruhe leben kann und damit auch einen bedeutenden Beitrag zur Migräneverhütung leistet.

    Die Patienten bekommen beim Selbstsicherheitstraining Aufgaben zur sozialen Kompetenz gestellt. Diese Übungen werden entweder im Rollenspiel in einer Gruppe mit Therapeut bzw. Trainer, oder als Hausaufgabe “live” geübt. Die Inhalte der Übungen zielen darauf ab, ein selbstsicheres und sozialkompetenteres Verhaltensrepertoire aufzubauen.

    Da gerade soziale Situationen besondere Stressquellen darstellen, sind hier nachfolgende Fähigkeiten wichtig:

    * Die Fähigkeit, nein zu sagen.
    * Die Fähigkeit, jemanden um einen Gefallen zu bitten oder einen Wunsch äußern zu können.
    * Die Fähigkeit, positive und negative Gefühle situationsgerecht auszudrücken.
    * Die Fähigkeit, allgemeine Unterhaltungen zu beginnen, aufrechtzuerhalten und, wenn gewünscht, zu beenden.

    Alltägliche Lebenssituationen

    Aufgrund der immensen Bedeutung sozialer Kompetenz wurde eine Reihe von verschiedenen Übungsprogrammen aufgestellt, um Betroffenen ein angemessenes Verhalten nahezubringen. Im Wesentlichen zielen sie zwar alle auf die gleichen Lernziele ab, sind jedoch unterschiedlich aufgebaut. Die Programme sollten immer von ausgebildeten Psychologen geleitet werden, da eine Menge Erfahrung und Übung notwendig sind, um eine möglichst große Effektivität zu erzielen. Im Folgenden möchte ich Ihnen die Inhalte einiger Übungsprogramme vorstellen:

    * Den angekündigten Besuch einer Verwandten von dem erwünschten Zeitraum von drei Wochen auf ein Wochenende reduzieren.
    * Einen Hausmitbewohner eindringlich auffordern, abends die Haustür nicht wie gewöhnlich zuzuwerfen, sondern die Haus- und Wohnungstür leise zu schließen.
    * Bei seinem Chef um einen Tag Urlaub für eine besondere Situation bitten.
    * Den Hausbesitzer zur Reparatur eines Wasserrohres veranlassen.
    * Ein fehlerhaftes Kleidungsstück umtauschen.
    * Den Dienstvorgesetzten eines ungefälligen Beamten zu sprechen wünschen.
    * Einen Mitreisenden im Zug auffordern, im Nichtraucherabteil das Rauchen einzustellen.
    * Um eine Gehaltserhöhung bitten.
    * Sich der unfairen Kritik eines Vorgesetzten widersetzen.
    * Den Ehepartner bitten, dass er ebenso seine Pflichten im Haushalt und bei der Kindererziehung übernimmt.
    * Einen vorreservierten Platz im Zug oder im Restaurant in Anspruch nehmen.
    * Sich diverse Schuhe in einem Geschäft zeigen lassen, anprobieren und dann ohne Kauf das Geschäft verlassen.
    * Mimik und Gestik von Personen erkennen und interpretieren können (Überraschung, Trauer, Verachtung, Glück, Interesse) .
    * Eigenes Angstvermeidungsverhalten wahrnehmen und durch Gedanken abbauen können.
    * Sozialverhalten und Gefühlszustände erkennen, sowie unterscheiden und angemessene Verhaltensreaktionen aufbauen können.

    Wie die Beispiele zeigen, geht es in den Programmen nicht um irgendwelche theoretischen Dinge, sondern um ganz praktische Situationen, in die jeder Mann und jede Frau tagtäglich geraten können. Es geht immer darum, sich inkompetentes soziales Verhalten, Angst, Vermeidungsverhalten und Rückzug bewusst zu machen, um durch Selbstkontrolle und effektive Verhaltensweisen zu einer stressfreien Reaktion in den jeweiligen Situationen zu gelangen.

    Einfache Tipps für mehr Sozialkompetenz

    * Benutzen Sie “ich”, statt “man” oder “wir”.
    * Setzen Sie direkte Redewendungen und Aufforderungen ein, statt indirekter Anregungen.
    * Formulieren Sie Forderungen und Wünsche eindeutig und klar (z.B. “Ich verlange von Ihnen….”, “Ich wünsche aber….”).
    * Bauen Sie direkten Blickkontakt auf.
    * Vermitteln Sie durch Ihre Körperhaltung unverhoffte körperliche Nähe.
    * Unterstreichen Sie Ihre Worte durch angemessene Gesten.
    * Setzen Sie einen Gesichtsausdruck ein, der zu Ihrer Aussage passt.
    * Lautstärke und Modulation Ihrer Stimme sollten zum Gesagten passen.

    Migräne-Wissen, Schmerzklinik Kiel

    Stanislaus
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 13

    Hallo Bettina, danke für diesen informativen Beitrag! Letzten Freitag hat mir eine Freundin etwas gesagt, dass sie bei einem Vortrag gehört hat und was ihr in den letzten Jahren sehr geholfen hat. Ich habe es schon ausprobiert und für sehr hilfreich befunden. Der Vortragende hat gesagt “Denken Sie an ein Problem, auf das Sie keine Antwort haben. Stellen Sie sich einen Menschen vor dem Sie vertrauen und erzählen Sie ihm gedanklich ihr Problem. Wer von Ihnen hat die Antwort auf sein Problem? Stellen Sie sich jetzt vor, dass ein anderer Mensch mit Ihrem Problem zu Ihnen kommt und Sie um Rat fragt. Also dass der andere Mensch ihr Problem hat und Sie um Rat fragt. Was würden Sie diesem anderen Menschen raten? Wer von Ihnen hat jetzt die Lösung für sein Problem?“ Sehr gut gefällt mir daran, dass man dadurch sein Problem von außen betrachtet. Wenn man sich selbst mit seinen eigenen Problemen betrachtet, hat man oft ein Brett vor dem Kopf und wenn man das Problem aber nicht mehr auf sich selber bezieht, sagt man „eh, klar!“

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 32614

    Hallo Stanislaus,

    es kann sehr hilfreich sein, wenn man sich aus dem Fokus nimmt und von außen auf ein Problem sehen kann. Wie Du schon sagst, ist man bei sich selbst einfach oft betriebsblind. Ratschläge, die man anderen wie selbstverständlich erteilen würde, fallen einem bei sich selbst nicht ein.

    Schön, dass Du damit schon positive Erfahrungen sammeln konntest.

    Liebe Grüße
    Bettina

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