Mein persönlicher Schmerzverlauf

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25 Jahre Migräne – meine Geschichte (Claudia)

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    Hallo, ihr Lieben

    Auch wenn ihr mich noch kaum kennt, seid ihr mir schon ganz vertraut ;-).

    Nachdem ich hier jetzt seit 3 Monaten immer wieder quer lese, kommt nun auch meine Geschichte. Auch wenn ich teilweise den Eindruck gewonnen habe, dass es mir im Vergleich zu einigen anderen hier noch relativ gut geht und es mir bislang immer wieder irgendwie gelungen ist durch Änderung meiner Lebensweisen, Ernährung o.ä. diesen Dämon „Migräne“ in den Griff zu bekommen, bin ich nun an einen Punkt gekommen, an dem ich nicht mehr so recht weiter weiss und einfach mal „jammern“ muss. Auch das tut übrigens sehr gut. Hier hat man das Gefühl nicht belächelt, sondern verstanden und ernstgenommen zu werden. Obwohl in meinem Fall es wohl eher so ist, dass ich befürchte, man könnte mich belächeln und die Symptome antun. Meine Umgebung selbst erkennt mit einem einzigen Blick, dass es ein echtes Leiden ist. Kennt ihr das auch?

    Aber nun zu meiner Geschichte. Ich bin mittlerweile 47 Jahre alt und habe seit sicher 25 Jahren Migräne. Erst in der Pubertät ab und zu mal. Ein bis zwei Tage Leben in dunklen Räume, Übelkeit und so weiter. Jeder hier kennt das. Wirklich massiver wurde dies als ich Mitte 20 war. Ich hatte einen sehr anspruchs- und verantwortungsvollen Job, als Marketing- und Verkaufsleitung den Etat einen ganzen Unternehmens zu stemmen und wenn der Druck besonders groß wurde oder aber endlich ein entspanntes Wochenende anstand, war sie da: die Migräne. Ich fand damals in Berlin einen sehr guten Schmerztherapeuten, der sehr eng mit einer Physiotherapeutin zusammenarbeitete. Ausser den üblichen Medikamenten wie Maxalt lingua und Ibuprofen hochdosiert verschrieb er mir eine Shiatsu-Behandlung. Anfangs bis zu 3mal die Woche, später wöchentlich. Vielleicht muss man dazu sagen, dass ich vor 30 Jahren eine Umstellung der Knie hatte (extreme X-Beine), diese Umstellung wie sich später herausstellte aber aus den Hüften kam und wohl in Folge dann auch zu mehreren Bandscheibenvorfällen führte. Also – meine Migräne kommt sicher auch aus einer Bemühung des Körpers diese Fehlstellung irgendwie zu kompensieren und setzt sich – beginnend bei den Knie, Hüften, Rücken – bis in die Halswirbel fort. Jedenfalls war ich durch diese Shiatsu-Behnadlung kombiniert mit heisser Rolle etc fast 5 Jahre!!! migränefrei. Kündigte sich eine Migräne durch Nackenverspannungen o.ä. an, gelang es meiner damaligen Frau mit den Wunderhänden diese zu lösen bevor eine Attacke daraus wurde. Wunderbare Zeit….

    Ich ging dann aus beruflichen Gründen nach Österreich. Auch dort ging es mir noch relativ gut. Zwar brauchte ich die Medikamente wieder öfter, ab alle 2 Monate mindestens lag ich in Berlin auf der Matte ☺ und hatte meine Migräne soweit im Griff, dass sie keine große Beeinträchtigung darstellte. Wenn sie mal kam, kündigte sie sich gut vorher an; extrem salzige Brühen, heisse Rollen, Entspannungsübungen und Ibuprofen konnten meist gut helfen. Dann zogen wir vor 10 Jahren nach München. Leider war in den letzten 2 Jahren davor mein Leben auch schon sehr unstet geworden, ich hatte ein Restaurant übernommen, der normale Rhythmus war dahin, das Gewicht ca 20 kg aus den Fugen geraten. Damit einher steigerte sich auch die Migräne wieder. In München suchte ich mir daher wieder eine Shiatsu-Therapeutin und machte auch wieder regelmässig Sport. Leider hatten diese „Heilerin“ keine wirklich gute Ausbildung und so wurde meine Migräne nach den Behandlungen nur noch viel schlimmer, endete teilweise auch in tagelangen Attacken. Erst eine Umstellung meiner Ernährung auf „Metabolic Balance“, also den Verzicht auf alle Konservierungsstoffe, Geschmacksverstärker, Fertig- und Halbfertigprodukte, Weizenmehl, Alkohol und Zucker – einhergehend mit einer deutlichen Gewichtsreduktion – schaffte wieder eine sehr deutliche Verbesserung. Ich war wirklich glücklich!!! 2-3mal jährlich Migräne ist zu handeln.

    Nun sind wir vor 2,5 Jahren aus familiären Gründen von Bayern nach BaWü gezogen. Wohnen hier über dem Rheintal und müssen für alle Besorgungen, Arbeit etc. ins Rheintal fahren, was in unserem Fall einen Höhenunterschied von ca 300 m ausmacht. Was soll ich sagen – trotz guter gesunder Ernährung, kaum Alkohol etc (obwohl ich hier grad wieder strenger mit mir werde) haben sich die Migräneattacken von tolerierbaren 2-3mal im Jahr auf inzwischen wöchentlich 1-2 heftige Attacken gesteigert.

    Im Gegensatz zu früher kündigen sich diese auch nicht mehr an, sondern überfallen mich regelrecht mit einer minutenlangen Aura. Früher hatte ich oft Migränen ohne Aura. Diese Aura heisst bei mir heute: Störung des Sichtfeldes bis hin zum totalen Tunnelblick, Verlust der Gleichgewichtsgefühls, taube Hände und Füsse, Schwindel und starke Übelkeit, schwere Zunge bis zur Sprachunfähigkeit.

    Im Klartext heisst das: Ich stieg letzte Woche im Tal vor der Bank aus dem Auto. Aura… Festhalten am Laternenmasten. Warten, dass sich die Sitauation stabilisiert. Dauert aber. Versuchen, den Mann anzurufen, geht nicht, weil Motorik nicht wirklich funktioniert. Runtersinken auf den dort stehenden Betonblumenkübel. 10-15 Minuten im Regen vor der Bank sitzen. Sich schämen und sicher so aussehen, als wäre man sturztrunken – keiner hilft. Tabletten und AscoTop liegen im Auto. Da kommt man aber jetzt nicht hin. Irgendwann lässt dann das Rauschen im Kopf nach, der Blick ist wieder so, dass man ihn zumindest kurz fixieren kann, die Beine tragen wieder, wenn man sich hochkonzentriert. Zurück zum Auto, Medikamente nehmen, warten dass man heimfahren kann… Ich bin eigentlich nicht wehleidig, aber in diesen Momenten ist mir alles egal, ich will nur, dass es irgendwie aufhört.

    Danach folgt dann eine Pause von 10 bis 20 Minuten, in der es mir gelingen kann irgendwie nach Hause zu kommen oder aber jemanden aus der Familie o.ä. zu Hilfe zu rufen. Dann heftige Migräne einseitig, gefolgt von Heishungerattcken, durch Triptane in den Spitzen erträglicher zu machen, wenn ich ganz früh bin auch noch mit Ibuprofen.

    Diese Attacken habe ich inzwischen 1-2mal wchtl und zu 98%, wenn ich vom Berg ins Tal fahre (nicht immer so schlimm, aber sehr oft) – eigentlich nie anders herum. Gestern und Montag grad wieder. Kann das sein? Kurzzeitig Ende 2013 ergab sich eine Besserung durch Akkupunktur 2mal wchtl. Nun zahlt die Kasse aber leider grad nicht mehr und diese Wirkung verliert sich oft wohl auch mit der Zeit, sagte der Doc. Mit Triptanen und AscoTop bin ich versorgt. Die helfen oft, aber lang nicht immer. Maxalt wirkt nicht mehr gut und führt dazu bei mir zu starkem Brennen bis Jucken in der linken Nasenhälfte mit anschliessendem Schnupfen. (Wäre ja okay, wenn sie dann auch noch helfen würden….)

    Wie sind eure Erfahrungen? Kann ein Umzug helfen (nicht mehr so schnell so große Höhenunterschiede und dazu die feuchte Schwüle im Rheintal) oder verspreche ich mir davon zu viel? Ich möchte so gern etwas Lebensqualität und Leichtigkeit zurück….

    Danke für eure Geduld
    und herzliche Grüße
    Claudia

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 33377

    Noch mal und nun ein offizielles herzliches Willkommen in Headbook, liebe Claudia. 🙂

    Das, was Du beschreibst, kennen viele. Auch diese starken Attacken, das Ausgeliefertsein durch die Aura und auch die Zunahme der Attacken in einem bestimmten Alter. Zwischen 30 und 50 Jahren erleben viele statistisch gesehen die „Hochzeit“ der Schmerzen. Oft kann man die Zunahme und Schwere der Attacken in diesem Zeitraum weniger beeinflussen als zu anderen Lebenszeiten.

    Ernährung hat erfahrungsgemäß nur insofern Einfluss auf die Migräne, als dass man auf Regelmäßigkeit achtet und gesunde Mischkost isst. Der Verzicht oder die Reduzierung von Kohlenhydraten äußert sich meist in einer Zunahme der Attacken. Das Gehirn braucht die Energie, die es aus den Kohlenhydraten am besten aufnehmen kann. Allen sonstigen Verfechtern der „ohne-Brot-Theorie“ zum Trotz. 😉

    Wetter und schnelle Überwindung von Höhenunterschieden sind bei vielen ein starker Trigger, so auch bei mir. Ich leide tatsächlich unter dem Münchner Föhn sehr stark, in Gegenden ohne Föhn geht es mir erwiesenermaßen besser. Wobei natürlich andere Trigger vorhanden bleiben, das muss man immer auch sehen. Ob ein Umzug helfen kann oder nicht, wird Dir leider niemand voraussagen können. Ich habe nur leider auch die Erfahrung gemacht, dass Schifahren für mich nicht mehr möglich ist, da ich Höhenunterschiede fast gar nicht mehr toleriere.

    Hochdosiertes Magnesium und Vitamin B2 können sehr hilfreich sein zur täglichen Prophylaxe und auch im Akutfall als schnell bioverfügbares Granulat.

    Liebe Grüße
    Bettina

    Nordsee
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 11

    Liebe Bettina,

    danke für Deine Antwort. Aber es ist schon ziemlich nervig, wenn Du drei Anläufe vor dem Supermarkt machst und immer wieder umkehren musst, weil es einfach nicht möglich ist, sich aufrecht zu halten und gescheit im Laden zu orientieren. Diese totale Hilflosigkeit …. Bis zu meinem Schädel-CT im Dezember hatte ich da allerdings noch ganz andere Sorgen. Viele werden das kennen.

    Ausserdem – ich esse Brot und Kohlehydrate, aber eben kein Weizenmehl mehr, sondern gutes altes klassischen Roggenvollkorn. Leider muss ich das immer aus München nach BaWü importieren, kann aber zB das Sonnenhausener aus Herrmannsdorf wärmstens empfehlen. Weizenmehl ist wohl für gar nicht so wenige ein Trigger?!

    München ist super. Im Vergleich zu dem hier – zumindest für mich. Am besten ists an der See (da kam ich auch mal her..) und absolutes no go sind – wie du schreibst – diese kurzfristig zu bewältigenden Höhenunterschiede. Magnesium und B2 nehme ich bereits. Und über den Skiurlaub werde ich jetzt wohl besser auch nochmal nachdenken.

    Herzlichen Dank und liebe Grüße
    Claudia

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 33377

    Liebe Claudia,

    an der See ist es am besten, kann ich voll bestätigen! 🙂

    Weizenmehl ist kein Trigger, außer man hat eine Glutenunverträglichkeit oder Zöliakie, denn dann triggert das Gluten. Das allerdings auch in anderen Getreidearten enthalten ist.

    Aber Du machst es dann sowieso ernährungstechnisch richtig.

    Natürlich ist es arg belastend, wenn man so eine schwere Aura überstehen muss. In solchen Fällen können ein oder zwei Tütchen Magnesium Diasporal direkt sehr, sehr gut helfen. Versuche es mal.

    Liebe Grüße
    Bettina

    Nordsee
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 11

    Liebe Bettina,
    wird sofort besorgt und überall deponiert.

    DANKE

    Margritli
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 25

    Hallo Claudia,

    Deine Geschichte macht mich sehr betroffen. Ich kann Dir gut nachfühlen wie es Dir geht.

    Früher hatte ich immer Migräne ohne Aura.

    Vor ca. 1 1/2 Jahren bekam ich dann plötzlich welche mit Aura. Es fing mit brennenden Kreisen, die ich sah, an, wenn ich Menschen anschaute konnte ich ihre Gesichter nicht sehen. Es dauerte immer etwa 10 – 15 Minuten, danach erst setzte der Kopfschmerz ein.

    Ich kenne dieses Gefühl, man ist im Supermarkt, und plötzlich überfällt einen so ein Anfall. Auch während dem Auto fahren ist es mir mal passiert.

    Die brennenden Kreise machten mir Angst und ich ging zum Hausarzt. Der verschrieb mir einen Blutverdünner, Aspirin Cardio. Die nahm ich ein paar Monate lang. Ich hatte diese Migräne mit Aura dann nicht mehr.

    Die normale Migräne ohne Aura habe ich aber immer noch, doch nicht mehr so oft wie früher. Dafür aber andere, genau so schlimme Nackenkopfschmerzen.

    Ich wünsche Dir alles Gute.

    Liebe Grüsse

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 33377

    Bei sehr schweren Auraattacken kann man mal Aspirin versuchen. Gibt es auch als Schmelztabletten für unterwegs. Aber immer erst mit dem Arzt abklären.

    Die Magnesium-Tütchen habe ich in jeder Handtasche und im Auto. 🙂

    Nordsee
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 11

    Liebe Margritli,

    danke für Deine Worte und erst einmal bin ich schon so froh, Euch hier gefunden zu haben. Es macht wieder Mut, sich dem ganzen noch offensiver zu stellen und auch wenn ich es manchmal als wirklich demütigend finde, positiv nach vorn zu schauen. Meine Migräne und ich – wir schaffen das schon!

    Ich will mein Leben mutig und tollkühn und nicht klein und grau!!!. Gemeinsam geht das ganze leichter. Euch jetzt schon Danke dafür!
    Apropos- hat jemand was von Lenchen in den letzten Tagen gehört? Klang
    letzte Woche sehr am Boden zerstört…

    Liebe Grüße
    Claudia

    P.S: nach der Attacke gestern noch mit gefühlter Schraubzwinge um den kopf…

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