Mein persönlicher Schmerzverlauf

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Xenia-xen – chronische Migräne und Schmerzmittelentzug

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  • Xenia-xen
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    Beitragsanzahl: 5

    Hallo ihr Lieben,

    ich habe schon länger anonym in diesem Forum mitgelesen. Nun möchte ich mich gerne vorstellen und ab sofort aktiv bei euch einbringen:)

    Ich bin Anfang 30 und leide seit ca. 10 Jahren an Kopfschmerzen und Migräne.
    In dem letzten Jahr hat sich mein Kopfschmerz zu einem regelrechten DauerKopfschmerz entwickelt. Leider nehme ich mittlerweile quasi täglich Thomapyrin und an 8-10 Tagen im Monat Rizatriptan 10 mg.

    Ich habe nun nach langer langer Suche einen tollen Neurologen gefunden und bin auch persönlich bereit, dieses Thema endlich richtig anzugehen.
    Wie schon erwartet, meint er, dass ich mich irgendwo zwischen chronischer und medikamentenabhängiger Migräne befinde.
    Under Plan lautet nun wie Folgt:
    Ich nehme ab sofort Topiramat und steigere das von 25 mg täglich auf bis zu 100 mg (bisher vertrage ich es zum Glück gut). Dazu erlerne ich dort in der Praxis Muskelentspannung nach Jacobsen und kann an einer Ernährungsberatung teilnehmen. Ich soll Ausdauersport und Yoga machen sofern es mit den Kopfschmerzen möglich ist und nehme Migravent.
    Anfallsweise nehme ich weiterhin Rizatriptan.
    Der Neurologe möchte (und ich möchte das auch), dass ich einen ambulanten Schmerzmittelentzug durchführe um von dem Thomapyrin wegzukommen.
    Ich würde dann zur Unterstützung Kortison erhalten und er möchte mich 2 Wochen krank schreiben.

    Natürlich habe ich einen ziemlichen Respekt vor diesem Entzug… Aber ich möchte es auf jeden Fall machen!!!
    Habt ihr eine Idee, was ich meinem Arbeitgeber sagen kann? Ich arbeite in einem eher kleinen Büro (20 AN) und möchte ehrlich gesagt nicht mit offenen Karten spielen. Für viele ist Migräne bis heute keine ernst zu nehmende Krankheit und ich müsste mich nur rechtfertigen und erklären. Habt ihr vllt. eine Idee? Einfach sagen, dass ich einen bestimmten Eingriff wie Blinddarm oder so habe? In so einem kleinen Büro fragen die Kollegen ja auch nach, was man hat und man kann nicht nur mit seinem Vorgesetzten sprechen. Ich möchte mich auch einfach nicht so öffnen, für mich ist der Job der Job und privat ist privat. Und gerade meine Kopfschmerzen sind ein absolut wunder Punkt…

    Alles Liebe und Gute für euch und habt eine tolle Woche!!!

    Daniela
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1127

    Liebe Xenia,

    erst mal Willkommen bei headbook.

    Puh, als ich gelesen haben, dass du Topiramat von 25mg hochdosierst….hab ich gedacht, na gut, dass du es gut verträgst – normalerweise sollte man das langsamer eindosieren – aber offensichtlich verträgst du es gut 😉 dann ist das nicht so schlimm.

    Grundsätzlich klingt das soweit ganz gut, was dein Neurologe vor hat. Grundsätzlich würde ich dir aber raten: mach nicht zu viel auf einmal, gerade wenn es dir momentan noch relativ schlecht geht, mit viel Kopfschmerzen, macht mehr Aktion, Sport, Yoga, Termine am Anfang eher mehr Stress und das macht mehr Migräne. Also höre auf deinen Körper und fange langsam an etwas zu verändern.

    Zum Thema Krankschreibung und Kommunikation auf der Arbeit: ich würde NIE lügen. Wenn du nicht ehrlich sagen willst, was du hast, dann sage gar nichts. Es geht keinen etwas an. Weder deinen Chef, noch die Kollegen. Wenn sie fragen, sag du möchtest nicht darüber reden – und fertig!

    Zu allen medizinischen Themen, zu Entzug und so gibt es hier kompetentere Personen, da sage ich jetzt erst mal nichts dazu. Meine Empfehlung lautet: eins nach dem anderen. Und ehrlich währt am längsten ;o) und wenn ehrlich nicht geht, dann lieber schweigen.

    Grüßle Daniela

    Xenia-xen
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 5

    Liebe Daniela,

    vielen lieben Dank für deine Antwort!:)
    Ohje, zum Glück vertrage ich das Topiramat bisher gut. Ich müsste – wenn alles gut läuft – in 3 Wochen bei der Zieldosierung von 75-100mg täglich sein. Mit Betablockern hatte ich in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen und nun hoffe ich, mit Topiramat weiterhin gut klarzukommen und dass das erstmal meine Migräneprävention wird.

    Der Schmerzmittelentzug ist so grob für Juli/August geplant, hängt natürlich auch davon ab, wie es mir mit dem Topiramat geht.

    Bei dem jetzigen Neurologen/Schmerztherapeuten (der auch auf der Homepage der Schmerzklinik Kiel bei der Standortsuche aufgelistet ist) fühle ich mich endlich mal verstanden – das ist echt mal ein schönes Gefühl, ich kenne das auch ganz anders.

    Dennoch hast du wohl recht, dass ich es nicht übertreiben sollte – dazu neige ich leider oft und in vielen Bereichen des Lebens;) Und ich habe mir gesagt, dass Migräne jetzt oberste Priorität hat und nicht mehr verdrängt wird wie in den Jahren zuvor. Wahrscheinlich macht mir dieser Eifer wirklich wieder nur noch mehr Stress…
    Danke dafür:)

    Wegen der Krankschreibung und des Entzuges muss ich dann nochmal überlegen… Ich werde mir am kommenden langen Wochenende nochmal die ganzen Beiträge diesbezüglich durchlesen. Aber sicherlich hast du recht, dass Schweigen dann besser als Lügen ist.

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 33381

    Ein herzliches Willkommen im Headbook, liebe Xenia-xen. 🙂

    Ich fange gleich mit Deinem letzten Satz an. Überlege Dir doch, die Karten auf den Tisch zu legen. Mit Migräne muss und sollte man sich nicht verstecken. Es gehört mit zur allgemeinen Aufklärung, dass man offen über diese schwer behindernde Erkrankung spricht. Als ich 2004 das erste Mal in die Schmerzklinik kam, war ich auf auf diesem Trip. „Man kann doch wegen Migräne nicht in eine Klinik gehen. Sind doch nur Kopfschmerzen. Wie peinlich ist das denn?“ Habe niemandem davon erzählt, war einfach mal drei Wochen auf Urlaub. Diese Zeiten sollten endlich der Vergangenheit angehören und man sollte sich selbst eingestehen, dass man eine schwere Schmerzerkrankung hat.

    Und gerade meine Kopfschmerzen sind ein absolut wunder Punkt…

    Du hast Dir nichts zuschulden kommen lassen, Du musst Dich nicht schämen. Tun Menschen mit Krebs oder nach Herzinfarkt auch nicht.

    Ich nehme ab sofort Topiramat und steigere das von 25 mg täglich auf bis zu 100 mg (bisher vertrage ich es zum Glück gut).

    Puh, das würde ich nicht machen! Es kann Dich von einem auf den anderen Tag „umhauen“ von den Nebenwirkungen her. Man empfiehlt daher, mit kleinen Schritten und recht langsam hochzusteigern. Sollten also Nebenwirkungen kommen, dann weißt Du Bescheid und solltest erst mal bei der Dosis bleiben.

    Der Neurologe möchte (und ich möchte das auch), dass ich einen ambulanten Schmerzmittelentzug durchführe um von dem Thomapyrin wegzukommen.
    Ich würde dann zur Unterstützung Kortison erhalten und er möchte mich 2 Wochen krank schreiben.

    Wenn er Dich gut unterstützt, ist es machbar – aber schwer. Vor allem die Medikamentenpause von einem Kombinationsschmerzmittel gestaltet sich schwieriger als die von einem Monopräparat. Kortison (+ Magenschutz!) zur Unterstützung ist gut, Du brauchst aber für den Abend etwas Sedierendes. Kortison putscht auf, manche schlafen keine Minute. Du musst aber gut schlafen können, damit die Pause auch gelingt.

    Liebe Grüße
    Bettina

    Daniela
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 1127

    Hi Xenia,

    ich habe sehr gute und sehr schlechte Erfahrungen gemacht – mit Ehrlichkeit auf der Arbeit. Hatte einen Chef, damals hab ich noch im Schichtdienst gearbeitet, eher schlecht für die Migräne; er hat mir ermöglich aus der Schicht rauszukommen, weil das für die Migräne besser ist – hat mich dann aber später drauf festgenagelt. Als sich die Migräne ein paar Jahre später veränderte und ich doch ab und zu krank war, hat er gesagt „SIE haben gesagt, wenn sie aus der Schicht raus kommen, haben sie keine Kranktage mehr…“ So genau habe ich das nie behauptet – aber er hat es so verstehen wollen.

    Damals hab ich mir gedacht…warum hab ich nur ehrlich gesagt was los ist?? Heute denke ich, ich hätte ihm einfach genauer sagen müssen, dass sich das jederzeit verändern kann. Naja; ist gelaufen.

    Jetzt habe ich einen anderen Chef – andere Kollegen. Die wisse alle bescheid. Das gute an meiner Migräne: ich bin ab und zu krank, aber meistens nur einen Tag. Dafür bin ich eigentlich nie erkältet, habe keine Allergien. Habe andere Kollegen, die mind 2 Wochen im Jahr fehle wegen Erkältung – jetzt erst ein Kollege 2 Wochen wegen Heuschnupfen. Der nächste klettert gern auf Leitern und fällt runter *g* oder macht Sport und verletzt sich, eine andere Kollegin hatte dieses Jahr schon 2 Wegeunfälle mitm Auto – fiel jedes Mal 4 Wochen aus wegen Schleudertrauma.

    Da falle ich mit meiner Migräne eher unter die kürzer Kranken.

    Ein Tip: bei uns soll man sich vor Arbeitsbeginn krank melden. Vor Arbeitsbeginn bzw. zu Arbeitsbeginn ist bei uns keiner telefonisch erreichbar. Wenn ich dann jemand anderes am Telefon habe, kann ich nie wissen, ob der das wirklich weiter gibt. Außerdem, nach der Erfahrung mit dem ersten Chef, der am Telefon dann immer wisse wollte, was denn los ist; wenn es mir schlecht geht, bin ich nicht schlagfertig. Ich habe beim Betriebsrat nachgefragt, ob ich mich auch per Mail krank melden kann. Der Betriebsrat sagt das ist im Prinzip sogar besser – denn man hat einen Nachweis. Das mache ich jetzt nur noch so. Da kann auch keiner dumm fragen.

    Vor ca. 10 Jahren habe ich eine Psychotherapie gemacht. Das habe ich nicht so deutlich gesagt – das finde ich immer noch schwierig. Heute rede ich offen darüber, es ist mir nicht peinlich – eigentlich bin ich sogar der Meinung jeder sollte das mal machen – bei jedem Menschen schleichen sich ungute Gewohnheiten ein – die man mal psychologisch bzw. psychiatrisch anschauen sollte…Aber als die Therapie lief, wollte ich das nicht so deutlich sagen – da habe ich dann einfach gesagt ich habe Arzttermine. Das war nicht gelogen; aber ich muss ja auch nicht jedem alles aufs Brot schmieren.

    Wenn du für den Entzug krank geschrieben wirst musst du das ja nicht so direkt sagen; ich würde sagen ich muss neu eingestellt werden. Das macht jeder Diabetiker auch mal durch – eine Phase, in der man auf neue Medikamente oder neue Gewohnheiten eingestellt wird. Manchmal geht das nebenher und manchmal eben nicht.

    Ich hatte auch mal einen Topiramat-Versuch. Er endete mit Halluzinationen unter 10mg….ich weiß noch, dass ich zur Arbeit kam und mich die Sekretärin direkt wieder heim schickte…weil meine Pupillen wohl recht groß waren und ich auf Wolke 7 schwebte – ich bin dann mitm Roller heimgefahren *g* und fand die tanzenden Lichter an der Ampel gaaanz toolll 🙂

    Netterweise war der Arzt, der mir das verschrieben hatte im Urlaub und kein anderer Arzt wollte mir das Absetzen erlauben – so lag ich eine Woche aufm Balkon, aufm Sofa und hab dem Rauschen des Baumes vor mir gelauscht *g* – bis mir eine Freundin, die Ärztin war sagte ich soll das Zeug besser absetzen.

    Also wenn bei dir Nebenwirkungen auftauchen, wie Bettina gesagt hat, bleib einfach ein Weilchen bei der Dosis und erhöhe langsamer. Wenn du es gut verträgst ist alles super!

    Ich wünsche dir alles Gute!
    Grüßle Daniela

    Xenia-xen
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 5

    Liebe Bettina,

    danke für deine Antwort und generell deine tollen und enorm hilfreichen Beiträge!!!
    Ich finde es echt toll, was du hier leistest und wie du allen hilfst!

    Ich hatte ja auch anfangs überlegt, mir 2 Wochen Urlaub zu nehmen und da einen Schmerzmittelentzug zu machen.. Echt total dämlich, Migräne ist eine schwere Krankheit und somit hat man das Recht, auch mal krank zu sein. Zumal mir der Schmerztherapeut gesagt hat, dass es ja auch länger als 2 Wochen dauern kann, bis ich wieder voll arbeiten kann. Ich muss den Schmerzmittelentzug und meine Ängste diesbezüglich nochmal genauer mit ihm besprechen. Ich habe da gerade erst mit der Therapie begonnen. Danke für den Tipp, dass ich etwas Sedierendes benötige:) Das werde ich dann auch ansprechen und mich vorher ausführlich belesen! Falls ich mir das alles dann doch nicht zutraue, versuche ich es vllt. doch lieber stationär (natürlich wäre da die Schmerzklinik Kiel trotz Wartezeit mein Favorit).

    In meiner Schmerztherapie wird auch eine psychotherapeutische Sprechstunde angeboten und ich überlege, das in einiger Zeit mal zu nutzen weil bei mir – wie bei dir früher – immer noch der Glaube herrscht, dass ich nicht richtig krank bin oder mir das alles durch zu viele Tabletten selbst herbeigeführt habe. Natürlich Schwachsinn, dennoch fühle ich mich wegen der Kopfschmerzen immer schuldig…

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 33381

    Liebe Xenia-xen,

    danke für die lobenden Worte. 🙂

    Man hat keine Schuld an der Erkrankung, man betreibt auch keinen Medikamentenmissbrauch. Man hat eine genetisch bedingte schwere Schmerzerkrankung, die eine gezielte multimodale Therapie erfordert. Bis man die hat, geraten viele in einen Medikamentenübergebrauch, da das Wissen bisher gefehlt hatte, dass Medikamente selbst wiederum einen neuen sekundären Kopfschmerz, den Medikamentenübergebrauchskopfschmerz (MÜK) erzeugen können. So wie Dir geht es vielen, ich war geschätzt zehn Jahre im Übergebrauch.

    Wenn Du ambulant die Pause zumindest mal starten möchtest, lass Dich etwas länger krankschreiben. Du brauchst auch Unterstützung zu Hause, unter Kortison und während der Medikamentenpause fühlt man sich wie eine nasse Zeitung und sollte sich dementsprechend nicht anstrengen, nichts arbeiten.

    Liebe Grüße
    Bettina

    Xenia-xen
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 5

    Hallo ihr Lieben,

    ich wollte mich mal wieder melden und habe eine Frage an euch. Ich mache die Medikamentenpause nun ambulant in 4 Wochen – habe das im Büro ehrlich mit einem Vorgesetzten besprochen und mein Schmerztherapeut möchte mich 4-6 Wochen krank schreiben, evtl. danach mit Wiedereingliederung je nachdem wie es mir geht.
    Ich werde nehmen: Kortison, Muskelentspannungsmedikamente, Magenschutz, Vomex/MCP (das macht mich gleichzeitig auch müde). Jetzt frage ich mich nur – und mein nächster Termin zur finalen Besprechung ist leider erst in 3 Wochen- werde ich auch das Topiramat in der Zeit der Pause weiter nehmen? Ich war immer davon ausgegangen, dass das ganz klar mit Ja zu beantworten wäre – ich komme damit sehr gut zurecht, bin aktuell bei 100mg täglich und habe aktuell Tage ohne Schmerzmittel was ich seit Jahren nicht mehr hatte (für mich also ein großer Erfolg). Das Aufdosieren hat ja schon recht lange gedauert (ca. 10 Wochen). Könnt ihr mir da kurz helfen? Ich habe wohl etwas zuviel recherchiert und Widersprüchliches gelesen.

    Habt eine schöne Woche.

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 33381

    Liebe Xenia,

    während der Medikamentenpause nimmt man die bestehende Prophylaxe einfach weiter wie gewohnt. Daran ändert sich nichts, außer man wollte sowieso eine neue Prophylaxe testen. Aber das ist bei Dir ja nicht der Fall.

    Alles Gute für die Pause!

    Liebe Grüße
    Bettina

    Xenia-xen
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 5

    Danke Bettina 🙂

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 33381

    Gerne 🙂

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