Berufstätigkeit und Migräne

Berufstätigkeit und Migräne

Schon den zweiten Job verloren und finde keine neue Arbeit

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  • Jette
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 13

    Guten Abend liebe Forenmitglieder,

    ich fürchte, ich muss mal mein Leid klagen. Im Juli letzten Jahres bin ich mit meinem Studium (Soziale Arbeit) fertig geworden und habe dann einen Job mit 40 Stunden und Schichtarbeit angefangen. Ich habe ganz schnell gemerkt, dass ich mit der Arbeit ganz und gar nicht zurecht komme und meine Migräne kaum aushaltbar wurde (täglich wirklich schlimme Anfälle, quasi ohne Pause). Ich habe mich dann von dem Arbeitgeber getrennt und hatte Glück, gleich eine Arbeit für 30 Stunden und mit regelmäßigen Arbeitszeiten von Montag bis Freitag zu finden. Auch hier dann das Problem: Personalmangel und aus 30 Stunden wurden schnell auch mal 35 und 40 Stunden. Ich habe nun deutlich gemerkt, alles, was über 30 Stunden liegt kann ich nicht aushalten und meine Leistungen leiden erheblich unter der täglichen Migräne. Ich habe dann mit einem ärztlichen Attest die 30 Stunden, die im Vertrag stehen eingefordert. Das Ende vom Lied: Mir wurde in der Probezeit gekündigt, mit der Begründung, ich sei nicht ausreichend belastbar und sie bräuchten jemanden, den sie über die 30 Stunden hinaus auslasten können.

    Nun sitze ich hier zu Hause und suche und suche und finde einfach nichts Neues. Ich wohne in einer ländlichen Gegend und die wenigen Stellen, die es für Sozialarbeiter gibt, sind für 40 Stunden und Schichtarbeit. Und ich muss ehrlich gestehen, auch bei 30 Stunden habe ich das Gefühl, dass ich wegen der Schmerzen meine Arbeit nicht gut mache. Ich habe dann keinen Antrieb, mit den Klienten ausführlich zu reden und meide Computerarbeit, auch, wenn Berichte geschrieben werden müssen – ich kann dann einfach nicht. Mein Widerspruch zu den bewilligten 30% wurde abgelehnt, aber ich fürchte, dass auch die Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft es mir nicht leichter machen würde. Ich bin doch erst 23 Jahre alt und habe das Gefühl, dass ich beruflich irgendwie am Ende stehe. Das Jobcenter sitzt mir im Nacken, will, dass ich mich auf Stellen mit Schichtarbeit bewerbe, aber ich habe ja gesehen, wie sehr ich darunter gelitten habe. Auch mein Schmerztherapeut sagt, ich soll auf keinen Fall in Schichten und mehr als 30 Stunden arbeiten. Es ist so ein schreckliches Gefühl, ich möchte in 3 Monaten heiraten und muss nun alles, was ich für die Hochzeit gespart habe ausgeben, weil ich kaum Geld vom Jobcenter bekomme. Mein Verlobter muss mich mitfinanzieren und ich habe so ein schlechtes Gewissen deswegen. Ihm geht es auch richtig schlecht und ich fühle mich so schuldig. Er leidet wegen meiner Migräne und weil ich deswegen keine Arbeit finde… Habt ihr vielleicht irgendwelche Erfahrungen und Hinweise, wie ich aus dieser Situation wieder rauskommen oder wo ich Hilfe finden kann?

    Tanni
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 2102

    Liebe Jette,

    dass du in dieser Situation steckst und gerade keine Möglichkeit für dich siehst, tut mir sehr leid!

    Soziale Berufe sind leider sehr häufig mit Schichtarbeit und vielen Überstunden verbunden. Auch kurzfristiges Einspringen und dauernde Überlastung sind vielerorts eher die Regel als die Ausnahme.

    Wie sieht es denn mit deiner Migräne jetzt aus? Ohne Job und mit regelmäßigem Tagesablauf? Hast du eine wirksame medikamentöse Prophylaxe? Ich schätze, es wäre sehr wichtig für dich, dass du da deutlich mehr Stabilität hinein bekommst, um auch im Job besser klar zu kommen. Ganz ohne Belastung wird es heutzutage nirgends gehen…

    Für deine Berufliche Zukunft: Hast du über eine Umschulung nachgedacht? Oder einen Quereinstieg? Auch im öffentlichen Dienst finden sich immer wieder Stellen, die vom Aufgabenbereich der sozialen Arbeit tangiert sind – in der Regel mit flexibler Arbeitszeit.

    Gib nicht auf! Es ist gerade alles viel, was bei dir zusammenkommt, aber es findet sich ein Weg! 🙂

    Ich wünsche dir alles Gute!
    Liebe Grüße,
    Tanni

    heika
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 6954

    Liebe Jette,

    das ist wirklich eine schwierige Situation, wenn einem die Migräne arbeitsmäßig Grenzen setzt.
    Wobei ich nicht verstehen kann, dass man jemanden für 30 Stunden pro Woche anstellt und dann quasi schon mit einkalkuliert, dass daraus mehr werden sollen. Denn es hört sich so an, als wären die Stundenerhöhungen keine Ausnahmen.

    Wäre für euch ein Umzug denkbar oder ist dein Verlobter räumlich gebunden? Vielleicht hättest du in einem weniger ländlichen Gebiet höhere Chancen einer Anstellung.

    Verstehe ich es richtig, dass dein Verlobter sich schlecht fühlt, weil es dir gesundheitlich so schlecht geht und dadurch deine berufliche Situation so schwierig ist? Nun, dass man mit dem anderen mitfühlt, ist in einer engen Beziehung ganz normal. Es ist allerdings niemandem geholfen, wenn er deswegen richtig schlimm leidet.

    Ich verstehe dich gut, dass du finanziell gerne deinen Beitrag in eurer Beziehung leisten möchtest. Hat denn dein Verlobter ein Problem damit, dass er dich momentan finanziell unterstützt? Bald seid ihr verheiratet und schließlich verspricht man sich doch, in guten wie in schlechten Zeiten zusammenzustehen. Das würde ich auch auf die Verlobungszeit ausdehnen. Bräuchte dein Verlobter deine Hilfe und du könntest sie ihm geben, würdest du das doch auch tun, oder?

    Lieber Gruß
    Heika

    Jette
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 13

    Vielen Dank für eure Antworten!
    Ein Umzug kommt für uns nicht in Frage, weil wir grade erst zurück in die Heimat gezogen sind und mein Freund hier im Gegensatz zu mir, eine außerordentlich gute berufliche Perspektive hat. Was die medikamentöse Prophylaxe angeht – mein Schmerztherapeut und ich haben schon ziemlich viel probiert: Saroten, Topiramat, Metroprolol und auch solche Sachen wie Quellgas oder Lokalanästhetikum – leider hat nichts davon angeschlagen. Mein Arzt ist mittlerweile auch ratlos , aber ich kann bald in die Schmerzklinik nach Königstein. Momentan habe ich ohne Job an ca. 5 Tagen die Woche Migräne. Mit Job war es eigentlich jeden Tag und oft auch ohne Pause dazwischen. Ich würde sehr gern eine Umschulung machen, hatte auch ein Fernstudium angefangen, aber muss es nun leider abbrechen, weil ich es nicht mehr finanzieren kann. Das Jobcenter bezahlt nur, wenn ich meinen Beruf offiziell nicht mehr ausüben kann und das ist ja nicht der Fall, da ich 30 Stunden arbeiten kann. Deshalb kann ich mir eine neue Ausbildung leider nicht leisten.

    Heika, mein Verlobter findet es natürlich an sich nicht schlimm, für mich mit zu sorgen. Leider reicht das, was er verdient nicht wirklich für uns beide und das Jobcenter gibt nicht viel dazu. Es ist verzwickt. Dazu wohnen wir in einer laut JC viel zu großen und teuren Wohnung, sie bezahlen da ja auch nur das, was laut Richtlinien angemessen ist. Von daher ist es finanziell schon sehr schwierig, wenn ich keine Arbeit finde und das belastet uns beide sehr, grade in Anbetracht dessen, dass wir eine Hochzeitsfeier geplant haben und dort alles schon steht und fertig organisiert ist. Und ich habe das Gefühl, dass es ihn noch mehr belastet als mich. Ich fühle mich fast schon wie ein Schmarotzer, der zu nichts nutze ist.

    heika
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 6954

    Liebe Jette,

    könntest du nicht irgendwo erst einmal einen Aushilfsjob finden, bis du eine neue berufliche Perspektive hast? Dort bist du nur stundenweise beschäftigt und auch wenn du nicht viel Geld verdienst, ist es auf jeden Fall besser als nichts.

    Und ansonsten kann man leider nur ganz nüchtern feststellen, dass man seinen Lebensstil den Umständen anpassen muss…

    Was die Hochzeit betrifft, habt ihr ja noch ein Vierteljahr Zeit um zu überlegen, ob ihr eure Pläne umsetzen könnt oder evtl. flexibel sein müsst. Vielleicht greifen euch eure Familien auch ein wenig unter die Arme, fragen kostet bekanntlich nichts. 😉

    Ich selber habe meinen von mir sehr geliebten, aber auch körperlich und psychisch recht anstrengenden Beruf aufgegeben und arbeite seit Jahren in einer ganz anderen Sparte, in der ich meine Arbeit mit meiner schweren Migräneerkrankung besser vereinbaren kann. Und aktuell bin ich auch gerade wieder dabei, meine Grenzen auszutesten. Eigentlich wollte und sollte ich viel mehr arbeiten, aber das ist so nicht komplett umsetzbar. Wenn man zu oft ausfällt, ist das für das restliche Team natürlich ebenfalls unerfreulich, und damit ist auch weder meinem Arbeitgeber noch mir geholfen.
    Für viele von uns ist das Vereinbaren von Migräne und Beruf eine Gratwanderung und eine ständige Herausforderung.

    Lieber Gruß
    Heika

    Bettina Frank
    Administrator
    Beitragsanzahl: 33377

    Liebe Jette,

    Du bist bald in einer Schmerzklinik, da wird man Dir weiterhelfen können. Sicher wird man Dir eine weitere Prophylaxe zum Testen und auch sonst Tipps und Tricks an die Hand geben, wie man mit schwer verlaufender Migräne trotzdem arbeitsfähig bleibt.

    Schade, dass Ihr beiden räumlich gebunden seid, denn am Land ist es grundsätzlich oft schwieriger mit Arbeitsstellen. Aber erstmal musst Du wieder stabilisiert werden, bevor Du an eine neue Arbeitsstelle denken kannst.

    Ich drücke die Daumen, dass alles gut klappt!

    Liebe Grüße
    Bettina

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