Mein persönlicher Schmerzverlauf

Mein persönlicher Schmerzverlauf

Nach 13 Jahren chronischer Kopfschmerzen "Ursache" gefunden – und jetzt?(LillyE)

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  • LillyE
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    Hallo Zusammen,

    erstmal möchte ich mich vorstellen, da ich zwar schon lange registriert, aber inaktiv war.
    Ich bin die Lilly, bin 27 Jahre alt und leide seit meinem 14. Lebensjahr unter Migräneattacken, und kurz darauf hatte ich schon chronische Kopfschmerzen und Migräne. Verschiedenen Prophylaxen wie Amytriptilin und Beta-Blockern haben nicht geholfen und/oder die Nebenwirkungen waren zu stark.

    Mein Abitur hab ich gerade so geschafft- meine Noten waren zwar gut, jedoch hatte ich so viele Fehlstunden, dass ich lange nicht wusste, ob ich zu den Abschlussprüfungen zugelassen werde. Nach dem Abitur hab ich extra nur nebenher gejobbt und mich hauptsächlich darum gekümmert, meinen Schmerzen auf den Grund zu gehen. Ohne Erfolg.

    Dann hab ich- irgendetwas muss man ja machen, und die gewollte Ausbildungsstelle habe ich nicht bekommen- Biologie studiert. Ich war so gut wie in keiner Vorlesung, anwesenheitspflichtige Seminare konnte ich oft nicht wahrnehmen und musste sie deshalb ein Jahr später wiederholen, weshalb ich auch 4 statt 3 Jahre gebraucht hab. Aus verschiedenen Gründen habe ich beschlossen, mich von der Biologie abzuwenden und nach dem Bachelor aufzuhören. Einen Job bekommen habe ich mit dem Bachelor nicht. Da ich in den letzten Jahren immer mehr gemerkt habe, dass ich gerne Ernährungsberaterin werden würde, mache ich zur Zeit einen Ernährungsberaterlehrgang und studiere Ernährungswissenschaften, beides auf einer Fernuni, da das am besten für mich funktioniert. Das ist teuer, weshalb ich, bis jetzt, Vollzeit (wegen des Ferunstudiums wäre ich so oder so in Teilzeit gegangen) als Verkäuferin in einer Bäckerei gearbeitet habe. Das ging völlig in die Hose, jeden Tag Kopfschmerzen, und ohne Schmerzmittel (die ich fast jeden Tag genommen habe) Migräneanfälle. Dabei mag ich den Job und die Kollegen und bekomme sehr viel Lob. Doch wegen des übermäßigen Gebrauchs an Schmerzmitteln (und Dauerübelkeit) und andernfalls unverhältnismäßig vielen Ausfällen habe ich jetzt gekündigt. Nach nicht einmal 2 Monaten. Meine Chefin war total schockiert, weil sie sehr zufrieden mit meiner Arbeit war, dabei hab ich ihr vor einer Woche, als ich auf der Arbeit kurz vor einem Migräneanfall stand, von meiner Situation erzählt. Ich bin jetzt seit einer Woche krankgeschrieben und nehme (mit Absprache meiner Hausärztin) zur Zeit keine Medikamente. Die Woche war sehr hart, aber ich denke, das einzig richtige, was ich hätte machen können.

    Nun zu meiner „gefundenen Ursache“: Ich habe eine Reizverarbeitungsstörung. Da bin ich ganz sicher. Ich kann ganz viele Geräusche nicht ertragen und funktioniere am besten, wenn ich Ohrstöpsel im Ohr habe. Wenn ich zb zu einer Familienfeier (laut, viele Stimmen etc) muss, und ich liebe meine Familie, bin ich danach immer so fertig, dass ich zwei, drei Tage total erschöpft bin. Oder wenn jemand pfeifft (und es pfeiffen erschreckend viele Menschen), möchte ich weinen. Das ist schon seit meiner Kindheit so, jedoch war es damals nicht so extrem. Das typische „Sie müssen den Stress reduzieren…“ hab ich nie verstanden- ich hab eigentlich das Gefühl, dass ich gerade wegen der chronischen Schmerzen gelernt habe, mit Stress gut umzugehen. Außerdem hab ich im Urlaub genau so Kopfschmerzen wie sonst auch. Und wenn ich mir andere Menschen zb im Prüfungsstress ansehe, bestätigt sich das. Der „Stress“ mit dem ich nicht zurecht komme, ist Reizüberflutung. Kein Wunder also, dass ich in der Bäckerei, im Eingangsbereich eines Supermarkts, wo immer viele Menschen durcheinander reden, die Kassen piepen und das Radio läuft, keine Chance hatte. Da ich aber endlich mal „normal“ und unabhängig sein wollte, schließlich bin ich schon 27, habe ich irgendwie gehofft, dass es klappt. Ich hoffe, dass es in Zukunft, wenn ich denn dann Ernährungsberaterin bin, dort ruhig zu geht und das klappt. Aber bis dahin.. weiß ich noch nicht so genau.

    Ich möchte erstmal (Kiel halte ich mir als Option natürlich offen, hab dafür extra die KK gewechselt) in die neurologische Klinik in Köln, vielleicht können die mir da helfen. Jedoch dauert es immer lange, bis man einen Termin bekommt, davon können sicher alle hier ein Liedchen singen. Am Montag bin ich wieder bei meiner Hausärztin, die aber, habe ich den Eindruck, nicht zu viel Ahnung von wegen Kopfschmerzen hat. Das soll kein böses Urteil sein, ich glaube, dass das bei Hausärzten normal ist, die können ja nicht von allem Ahnung haben. Allerdings muss ich ja jetzt irgendwie die Zeit überbrücken, bis ich in die Klinik kann, und hoffe, ihr könnt mir helfen!

    1. Ich hab dann eine Woche keine Schmerzmittel genommen. Reicht das, um MÜK auszuschließen oder soll ich das besser verlängern? Als ich meine Hausärztin gefragt hab, hab ich keine richtige Antwort bekommen. Wie gesagt, es ist hart, aber ich habe weder Kinder noch andere Verpflichtungen, stört also kaum, wenn ich den ganzen Tag bewegungslos im Bett liege. Mein Freund bringt mir zwischendurch Wasser.

    2. Habe ich jetzt endlich die „Ursache“ gefunden. Und jetzt? Gibt es Therapien gegen Reizverarbeitungsstörungen? Ich hab zb von Neurofeedback gelesen, hab aber nicht mal rausgefunden, ob die KK das übernimmt. Für teure Experimente hab ich nicht das Geld, schließlich kann ich so nicht arbeiten. Ich habe viel Recherchiert, und das Reizverarbeitungsstörungen der Grund für Migräne sind hab ich bestätigt bekommen, jedoch zu Therapien hab ich kaum was gefunden.

    So, ich beende jetzt den Beitrag erstmal an dieser Stelle. Falls viele Fehler auftauchen oder irgendetwas keinen Sinn ergibt- entschuldigt bitte, ich kann mich nicht wirklich gut konzentrieren, hab auch jetzt (wenn auch nur leichte) Kopfschmerzen.

    Falls ihr Fragen habt und meint eine wichtige Info fehlt, fragt bitte! Ich freue mich über jede Idee!

    Liebe Grüße
    Lilly

    Ps: Was vielleicht noch fehlt- wie sehen meine Schmerzen aus? Sie fangen leicht an (Tagesformunabhängig) werden stärker und stärker und sind auf der rechten Seite meines Kopfes (zu 90%). Wenn sie stark sind und ich dann keine Schmerzmittel nehme, kommt eine Migräneattacke von 4-9 Stunden, während der ich mich viel Übergebe, extrem stark Schwitze, keine Geräusche, Licht, Berührungen etc aushalte. Danach bin ich 1-2 Tage unbrauchbar, als hätte ich Zement im Kopf und Magen. Eine bessere Beschreibung fällt mir nicht ein.
    Allgemein werden meine Kopfschmerzen nie besser, wenn ich mich bewege, sondern schlimmer, und mir wird übel davon. Ausnahme: Wenn sie noch sehr leicht sind kann ein Spaziergang an der kühlen Luft helfen. Deshalb hab ich auch bei nicht starken Schmerzen Probleme mit dem Alltag.

    Sommerwind
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 66

    Liebe Lilly,

    schön, dass Du Dich entschlossen hast uns zu schreiben.

    Leider muss ich Dir sagen, dass Du die Ursache nicht wirklich gefunden hast,

    denn die Migräne ist eine Reizüberflutungsstörung und die hat hier jeder einzelne von uns.

    Unsere Migränehirne sind nicht fähig die Reize zu sortieren oder zu filtern und nehmen jeden einzelnen Reiz auf und wenn das Hirn überfordert ist, kommt die Attacke. Sie zwingt uns quasi zur Ruhe, weil das Nervensystem komplett überfordert ist.

    Nach einer Woche Schmerzmittelpause kann man einen MÜK nicht wirklich ausschließen.

    Bzw. hast Du denn in der Pause keine Kopfschmerzen oder Migräne gehabt, seit Du zu Hause bist?

    Wieviele Schmerzmittel nimmst Du und wieviele Attacken hast Du im Monat?

    Liebe Grüße

    Sommerwind

    LillyE
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    Beitragsanzahl: 37

    Hallo Sommerwind,

    vielen lieben Dank für die Antwort!

    mh, ich versteh nicht ganz, wieso das nicht trotzdem die Ursache ist? Mir haben in der Vergangheit die Ärzte immer gesagt, man wüsste nicht, was die Ursache für Migräne ist bzw was Migräne überhaupt ist. Dass es eine Reizverarbeitungsstörung ist hat mir nie jemand gesagt – ich dachte, mit dieser Erkenntnis könne man vielleicht gut arbeiten.

    Seit ich zuhause bin hab ich fast durchgehend Kopfschmerzen, jedoch weniger stark, als wenn ich arbeite- bin aber zuhause auch viel weniger Reizen ausgesetzt.

    Ich hab seit dem 1.12 an mindestens an 15 Tagen/Monat Ibuprofen genommen. Diesen Monat wärs wohl mehr geworden, hätte ich nicht die Notbremse gezogen. Vor Dezember hab ich immer sehr darauf geachtet, nicht über die 10 Tage/Monat zu kommen. Da hatte ich aber auch die Möglichkeit eines völlig konstanten Tagesablaufs mit relativ wenig äußeren Reizen, was mit meinem Job jetzt absolut unmöglich war.

    Migräneattacken hab ich gar nicht so oft, das war vor einigen Jahren noch viel viel schlimmer. Im Schnitt vielleicht einmal im Monat, höchstens, da ich frühzeitig merke wenn sich die Kopfschmerzen in die Richtung entwickeln und ich dann die Tabletten nehme. Und die helfen eigentlich immer. Diesen Monat hatte ich einen trotz Ibus und einen jetzt in der schmerzmittelfreien Woche, wobei letzterer deutlich stärker war als sonst.
    Das Problem sind die fast täglichen Kopfschmerzen. Wie oft im Monat ich ohne Schmerzmittel Migräneanfälle hätte kann ich nicht sagen.

    Achja, Triptane nehme ich deshalb nicht, weil die Wirkung vergleichbar war mit Ibuprofen ich aber stärkere Nebenwirkungen hatte.

    Liebe Grüße
    Lilly

    Sommerwind
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 66

    Liebe Lilly,

    ja mit dem Wissen der Reizverarbeitungsstörung lässt sich für Dich durchaus sehr gut arbeiten. Du kannst versuchen Dich so wenig wie möglich Reizen auszusetzen. Zwischendurch öfter mal eine Pause machen und einfach mal überhaupt nichts tun.

    Das die Migräne eine Reizüberflutungsstörung ist weiß die Medizin, sie weiß nur nicht zu 100% woher das kommt. Die Migräne ist eine eigenständige neurologische Erkrankung, aber ist eben noch nicht komplett erforscht.

    Wenn Du immer noch täglich Kopfschmerzen hast, ist der MÜK immer noch sehr wahrscheinlich. Dann wäre eine Schmerzmittelpause von 8 Wochen anzustreben.

    Bei einer Migräneattacke sind Triptane das Mittel erster Wahl, weil alle anderen Schmerzmittel den Körper und die Organe viel mehr belasten. Gerade Ibu ist für Magen und Nieren auf Dauer sehr schädlich.

    Nach erfolgreicher Schmerzmittelpause, müssten Deine Dauerkopfschmerzen eigentlich besser werden und dann würde ich die Migräne definitiv mit einem Triptan behandeln.

    Bist Du bei einem Neurologen in Behandlung? Führst Du ein Schmerztagebuch?

    Die Schmerzklinik Kiel hat eine tolle App, die könntest Du nutzen. Sie hilft Dir einen Überblick zu bekommen. Und man sollte versuchen sich an die 10/20 Regel zu halten. 10 Tage dürfen die Schmerzen behandelt werden und an 20 Tagen im Monat sollte kein Schmerzmittel eingenommen werden um einem MÜK vorzubeugen.

    Machst Du irgendwas zur Entspannung? PMR oder ähnliches?

    Liebe Grüße

    Sommerwind

    LillyE
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 37

    Lieber Sommerwind,

    achso, ich dachte, man wüsste, dass das ein genetischer Defekt wäre- ich weiß nicht mehr, wo ich das her hab ;). Dass ich Reizen gegenüber sehr sensibel bin weiß ich schon lange, sind meine Eltern beide auch. Und ich habe das auch immer bei Ärzten erwähnt, jedoch wurde das immer mit einem Wink abgetan (Anstellerei). Deshalb hab ich es mit dem Kopfschmerz gar nicht so sehr in Verbindung gebracht. Ich dachte lange, ich stelle mich einfach an.

    8 Wochen ist natürlich ein langer Zeitraum, aber ich möchte es gerne versuchen. Wäre ja schön blöd, wenn ich mir durch die Einnahme der Medikamente quasi selbst die Probleme mache!

    Mit den Ibuprofen will ich auf jeden Fall komplett aufhören, auch nach der Medikamentenpause, da mein Magen doch sehr sehr empfindlich geworden ist. Dann werde ich mir nochmal Triptane verschreiben lassen, vielleicht haben andere bei mir ja weniger Nebenwirkung, außerdem ist das letzte mal auch schon wieder 8 Jahre her.

    Ich war schon bei mehreren Neurologen in Behandlung, jedoch fühle ich mich da nicht gut aufgehoben. Sonst wäre ich sicher aufgeklärter, zb dass mit der Reizüberflutung und dass Triptane die erste Wahl sein sollten usw. Egal wie viel ich gefragt habe, nie wurde mir was erklärt außer „das weiß man nicht“ und wirklich Fragen wurden mir auch kaum gestellt. Deshalb möchte ich auch in die neurologische Klinik, die waren schon am Telefon sehr nett und hilfsbereit.

    Ein Schmerztagebuch (die genannte App) nutze ich, jedoch erst seit Anfang diesen Monats, weil ich mir angefangen habe, Sorgen zu machen, weil es wieder so viel schlimmer ist. Das Jahr davor lief im Großen und Ganzen gut, da habe ich keins geführt. Und an die 10/20 Regel hab ich mich da auch immer gehalten. Bei einem Schmerztagebuch vorher ist mir aufgefallen, dass es bei wechselndem Tagesablauf schlimmer ist, weshalb ich das komplett geändert hatte. Bin immer zur gleichen Zeit ins Bett und aufgestanden, gegessen usw. Das lief gut, hab aber keinen Job gefunden, bei dem das möglich ist.

    Ich entspanne mit Pilates (sagt mir am meisten zu, von den Sachen, die ich in den vielen Jahren ausprobiert habe), und mit, ich weiß nicht ob es eine Art Meditation ist oder was, das mache ich schon seit vielen Jahren: Wenn ich gestresst bin suche ich einen hypothetischen Ort auf, den ich mit purer Entspannung und Geborgenheit assoziere, das hilft echt wunderbar, auch wenn ich mal nicht gut einschlafe. Eigentlich hab ich einige Strategien zur Entspannung entwickelt, gerade wenn es laut ist um mich herum atme ich ganz bewusst und konzentriere mich darauf, das hilft kurzzeitig auch. Ansonsten hilft mir Baden mit ruhiger Musik und Fotografieren, da bin ich ganz in meiner eigenen Welt. Naja und Ohrstöpsel sind meine besten Freunde, die zu tragen hilft mir auch zur Entspannung 😀

    Liebe Grüße und schon mal eine erholsame Nacht

    Lilly

    Beatrice
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 127

    Hallo Lilly,

    meine Schwester ist auch ein ganz typischer „Reizüberflutungsmigräniker“, also manchmal ist ihr das Besteckklappern zu laut, in ihrem Beisein sollte man besser kein Parfum tragen oder Pailettenoberteile, die glitzern, und manchmal ist ihr selbst der Schnee zu weiß. Sie tut mir da total leid, sie kann ja nichts dafür und entweder sie eckt deswegen manchmal an oder sie leidet weil sie sich nicht traut was zu sagen – blöde Situation.

    Letztens musste sie ein Kindertheater mit ihrer Tochter verlassen (ich gebe zu für mich ist schon die Vorstellung eines Kindertheater Horror, aber aus anderen Gründen, ich habe keine Kinder :P) weil die Veranstalter blinkende Lampen an der Bühne angebracht haben.

    Ich habe nie aktiv bei mir diese Symptome gemerkt, hatte aber auch nie Migräne oder Kopfschmerzen bis zu einem Unfall, von dem ich ein Schleudertrauma davon getragen habe. Meine HWS ist meine Schwachstelle und leider scheint das nun dauernd zu triggern bzw. mein „Fass“ zum Überlaufen gebracht zu haben. Seitdem habe ich immer Kopfschmerzen und viele Migräneattacken, was sich aber auch über mehrere Jahre gesteigert hat.

    Erst durch viele Gespräche mit meiner Schwester habe ich gemerkt, dass auch ich auf Reize reagiere, aber viel subtiler als sie. Bei mir zum Beispiel ist es so, dass ich abends weniger Kopfschmerzen habe wenn ich während der Arbeit nicht noch Musik höre. Oder ich kann nicht am Handy rumsurfen und gleichzeitig eine Serie schauen.
    Auch brauche ich immer wieder Pausen und tanke mittags immer bei einem Spaziergang auf. Die eiskalte Luft tut mir sehr gut im Moment.

    Ich bin nicht der typische Migräniker mit all diesen heftigen Reizüberflutungssymptomen (habe keinerlei Probleme mit Menschenmengen, Parfum, Zugfahrten etc.) aber merke es schon auch an manchen Stellen, seitdem ich weiß, dass das die Ursache der Anfälle ist.

    Mir hilft Meditieren sehr gut und auf meine Bedürfnisse hören soweit es geht. Lieber langsamer machen, weniger machen, Zeit für Pausen einplanen. Dann geht auch ein Opernabend oder 3D-Kino (für meine Schwester undenkbar). Natürlich gibt es trotzdem Attacken die man sich „nicht erklären“ kann, die Hormone spielen bei mir leider ebenso eine große Rolle.

    Im Gegensatz zu den gängigen Empfehlungen für Migräniker meide ich kohlenhydratreiches Essen (also Reis, Brot, Nudeln, Kartoffeln etc.) und esse keinerlei Zucker, denn ich habe sonst andauernd Heißhungerattacken, muss alle paar Stunden essen und auch vorm Schlafen oder nachts, sonst kommt die Migräne, weil ich starke Blutzuckerschwankungen habe. Bei kohlenhydratarmer Ernährung konnte ich so meine Attacken deutlich reduzieren, weil ich einfach keine Blutzuckerschwankungen bekomme, nur dreimal täglich essen muss und auch keinen Heißhunger mehr habe. Dafür esse ich sehr viel Fett.

    Das ist aber sicher sehr individuell. So bin ich zumindest meine Wochenendmigräne losgeworden und mache das daher schon seit 6 Jahren so.

    Liebe Grüße,
    Bea

    alchemilla
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 3992

    Liebe Lilly,

    wenn dich die Zusammenhänge bei der Migräneentstehung und der Stand der medizinischen Erkenntnisse interessiert, solltest du mal das „Migränewissen“ lesen.
    Es ist hier in headbook unter den Abbildungen der APP in blau verlinkt und führt dich auf die Seite der Schmerzklinik.
    Besonders das Kapitel „Genetik“ beantwortet deine Fragen leicht verständlich.
    Von einem Gen“defekt“ wird dort nicht gesprochen.
    Wir sind nicht defekt ! ! ! !

    Viel Spaß beim Lesen!
    Liebe Grüße
    alchemilla

    heika
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 6948

    Liebe Lilly,

    du schreibst, dass du gar nicht mehr so oft Migräne hast, dafür aber täglich Kopfschmerzen, aus denen sich manchmal eine Migräne entwickelt, wenn du kein Ibuprofen nimmst.

    Die große Frage ist, um was für Schmerzen es sich denn täglich handelt, wenn sie keine Migräne darstellen. Konnte dir da kein Neurologe etwas Genaues sagen? Eigentlich ist es wichtig, zuerst eine Diagnose zu haben, denn danach richtet sich die Behandlung.

    Kennst du das Buch von Prof. Göbel „Erfolgreich gegen Kopfschmerzen und Migräne“? Das kann ich dir sehr empfehlen, weil da das gesamte relevante Wissen zu den häufigsten Kopfschmerzformen umfassend und gut verständlich zu finden ist. Mir scheint, du stocherst gerade noch ein wenig im Nebel umher, und das auf eigene Faust und ohne gute ärztliche Betreuung an deiner Seite.

    Lieber Gruß
    Heika

    Chroninchen
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 121

    Hallo Lilly,

    du hast ja schon einige Antworten bekommen und auch auf die „Gefahr“, dass ich das eine oder andere aus den vorangegangenen Kommentaren wiederhole, versuche ich mal, mein noch relativ frisches Wissen aus der Schmerzklinik Kiel in Kurzform wiederzugeben:

    – Migräne IST eine Reizverarbeitungsstörung (RVS). Ob diese RVS vorhanden ist oder nicht, liegt tatsächlich an Veränderungen bei bestimmten Genen (daher sind oft auch Geschwister, Eltern, Großeltern ebenfalls von Migräne betroffen). Menschen, deren Gene diese Veränderungen nicht aufweisen, bekommen auch keine Migräne.

    – Ein Nicht-Migräne-Gehirn nimmt durch Reize an Aktivität zu, sobald aber keine Reize vorhandenen sind, nimmt die Aktivität wieder ab. Mit jedem Reiz nimmt die Aktivität wieder zu, und geht danach wieder zurück. Es beschreibt sozusagen eine Wellenform.

    – Ein Migräne-Gehirn hingegen verbleibt auf dem Aktivitätslevel bzw. nimmt nur minimal an Aktivität wieder ab. Jeder neue Reiz führt dazu, dass die Aktivität weiter steigt (wie eine Treppe mit Absätzen), bis es zu einer Entladung in Form einer Attacke kommt.
    Wann dieser Punkt erreicht ist, ist bei jedem Migränegeplagten anders und kann sich auch im Laufe eines Lebens mehrfach verändern.
    Entspannungsübungen können helfen, dass das Gehirn etwas mehr zur Ruhe kommt.

    – Bei einer Migräne-Attacke läuft im Gehirn ein Entzündungsprozess ab (daher oft die pochenden Schmerzen). Diese Entzündung wird hervorgerufen durch dass Zusammenspiel von Nerven, Blutgefäßen und Botenstoffen im Gehirn.

    – Deine täglichen Kopfschmerzen sind sehr wahrscheinlich auf einen MÜK zurückzuführen (kenne ich ?), die sollten nach einer Schmerzmittelpause deutlich weniger werden. Eine Schmerzmittelpause sollte mindestens 4 Wochen dauern, besser sind 6 Wochen.

    – Deine Symptombeschreibung ist typisch für Migräne (Übelkeit, Erbrechen, Bewegung verstärkt den Schmerz, totale Erschöpfung nach überstandener Attacke). Nimmst du denn Medikamente gegen die Übelkeit? Es gibt da das eine oder andere Medikament, was zusätzlich auch schläfrig macht, damit lassen sich die Attacken – gerade in der Schmerzmittelpause – besser überstehen. (Auskunft gerne über PN.)

    – Für Migräniker ist die Regelmäßigkeit wichtig, vor allem in Bezug auf Ernährung. Das Gehirn benötigt regelmäßig Energie, am besten in Form von Kohlehydraten, die zusammen mit Koffein schneller vom Gehirn aufgenommen werden können.

    – Empfehlung aus dem Kopfschmerzvortrag für Migräniker:
    Kuchen zum Nachmittagskaffee, ein Vollkornbrot mit Honig kurz vorm Schlafengehen und Kartoffeln zum Frühstück. Diäten durch Verzicht auf Kohlenhydrate sind tabu. Wer unbedingt durch Ernährungsänderung abnehmen möchte, sollte sich überwiegend von Kartoffeln ernähren.
    (In der Klinik gibt es jeden Morgen neben dem üblichen Brot/Brötchen/Müsli auch Kartoffeln zur Auswahl! Ist aber nicht meins ?.)

    Und noch ein Tipp: informiere dich, ob deine Krankenkasse an der „Intgrierten Versorgung“ in Zusammenarbeit mit der Schmerzklinik Kiel teilnimmt. Auf der Homepage der Klinik sind die KKs auch nochmal aufgelistet. Vielleicht hilft es dir, einen Neurologen mit guter Migränekompetenz zu finden.

    Alles Gute
    Chroninchen

    heika
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 6948

    Liebe Chroninchen,

    klasse, das hast du super gut geschrieben!

    Nur eine Kleinigkeit möchte ich noch ergänzen: Es ist nicht nur so, dass unser Migränegehirn erlebte Reize weniger schnell bzw. gar nicht abbaut, sondern wir kommen auch schneller an die Grenze, an der Reize zu viel werden.

    Wir haben hoch aktive Gehirne, die viel mehr an Reizen wahrnehmen. Prof. Göbel sagt dazu gern, dass wir einen „Porsche im Kopf“ haben. Wir hören den Wasserhahn drei Zimmer weiter tropfen und haben 5 Antworten auf eine Frage, die noch gar nicht gestellt wurde.

    Wir können auch Reize nicht gut ausblenden. Ist vor unserem Haus eine Baustelle, nimmt ein „normales“ Gehirn diese Baustelle wahr, blendet die Reize aber irgendwann aus, auch wenn der Geräuschpegel unangenehm bleibt. Unsere hoch aktiven Gehirne nehmen diese Baustellengeräusche ständig wahr, es bleibt ein gleich starker Reiz für unser Gehirn, deshalb schaukelt sich die Reizüberflutung auch so schnell hoch.

    Dies gilt auch für andere Reize wie Sonnenlicht, flackernde Kerzen, Lärm, Gerüche, usw. Das ist individuell verschieden, was wir schlecht vertragen und eine bleibende Störung darstellt.
    Viele von uns vertragen deshalb auch keine geselligen Tischrunden, an denen verschiedene Gespräche gleichzeitig stattfinden. Wir hören unterbewusst bei allen gleichzeitg mit.

    Und in manchen Bereichen sind wir von Natur aus die reinsten Sensibelchen. Da kann schon im Nacken ein kratzendes Etikett an einem Kleidungsstück triggern oder eine ganz minimal unbequem sitzende Unterhose ? .

    Durch unsere genetische Migräneveranlagung reagieren wir schneller, empfinden tiefer, nehmen alles intensiver wahr, sind sehr leistungsfähig. Das ist ein sehr positiver Aspekt, den wir ja auch nicht missen möchten, oder? ? Den Nachteil davon kennen wir leider zur Genüge mit unseren hochsensiblen Köpfen. ? Aber eines kann man nun mal nicht ohne das andere haben!

    Liebe Grüße
    Heika

    Chroninchen
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 121

    Liebe Heika,

    stimmt, an den „Porsche im Kopf“ erinnere ich mich, auch wenn es bei mir gefühlt mittlerweile wohl eher ein ? oder sogar nur ein ? ist ?.
    Aber das liegt wohl zum einen an meinen anderen chronischen Erkrankungen und zum anderen an dem Pharma-Cocktail, dem ich täglich zu mir nehme, vielleicht liegt es auch einfach nur am Alter(n) ?.

    LG Chroninchen

    LillyE
    Teilnehmer
    Beitragsanzahl: 37

    Hallo Zusammen,

    dass mir so viele geantwortet haben! Danke! Ihr seid mir schon eine große Hilfe, viele Infos muss ich erstmal verdauen und mich weiter reinlesen (was ich jetzt tun werde, in diesem Moment gehts mir nämlich ganz gut). Deshalb antworte ich erstmal kurz. Ich hab eigentlich nämlich auch noch 1000 Fragen, versuche die jetzt aber zum Großteil erstmal auf den ganzen Infoseiten der Klinik Kiel Antwort zu finden.

    @ Beatrice ich kenne das gut, man will nichts sagen, weil man aneckt! Ich habe während meines Studiums ein viermonatiges Praktikum in einem Forschungslabor gemacht. Klingt ja erstmal nach einer leisen Umgebung. Nicht, wenn die Kollegen pfeiffen. Nach dem ich nach der Arbeit zuhause ständig deshalb geweint hab (einfach weil ich so erschöpft davon war) bin ich zu meinen Kollegen und hab denen erklärt, dass ich leider von einigen Frequenzen Kopfschmerzen bekomme und ich das Pfeiffen nicht ertrage. Und es tat mir wirklich sehr leid, da es denen ja Spaß machte- dann komme ich daher und „verbiete“ das. Die haben das wirklich lieb aufgenommen, aber von da an hatte ich schon irgendwie den „Freak“ Status bei manchen, das hab ich gemerkt. Außerdem wurde trotzdem immer wieder gepfiffen, weil Menschen, bei denen das nicht so ist, das unmöglich verstehen können, und viele nun mal gerne laut sind (was für mich schon immer eins der größten Mysterien war :D)
    Optische Reizüberflutung merke ich auch eher subtil. Zb beim Auto fahren, weshalb ich kein Auto mehr fahre. 10 Minuten Fahrt inklusive Ampel, Reklametafeln, Straßenlaterne und entgegenkommende Scheinwerfer und ich bin total erschöpft. (Als was) Arbeitet deine Schwestern denn? Und du?
    Ich mache mir nämlich im Moment (jetzt, wo ich meinen Job gekündigt hab, obwohl ich den mag) Sorgen, dass das mit dem Arbeiten niemals klappt, einfach wegen der vielen Ausschlusskriterien. Ich fahre nicht Auto, Bahnfahren ist aus ähnlichen Gründen wirklich schwierig, vor allem wenn es täglich ist. In eine Stadt ziehen ist aber auch eine Horrorvorstellung. Also wohne ich in einem Vorort und hab dementsprechend wenige Jobs, auf die ich mich bewerben kann- die ohne Ausnahme alle Schichtdienst machen, was bei mir fast genau so ein Garant für Migräne ist wie viele Geräusche.
    Die kohlenhydratarme Ernährung finde ich interessant, auch wenn mir bewusst ist, dass davon absolut abgeraten wird. Ich habe schon von vielen gelesen und finde es auch logisch, dass der konstantere Blutzucker hilft. Ich schreibe es auf jeden Fall auf meine „to try“ Liste für nach der medikamentenfreien Zeit.

    @alchemilla oh das klingt sehr interessant, das werde ich! danke 🙂 und von wegen „Defekt“ muss ich ernsthaft anfangen umzudenken. Es fühlt sich wie einer an und mein Umfeld reagiert so darauf, da muss man sich erst selbst bewusst machen, dass es keiner ist!


    @heika
    das ist ein wichtiger Punkt, denke ich. Ich hab keine Ahnung, da mir jeder (!) Arzt etwas anderes erzählt. Zitat vom letzten Neurologenbesuch (vor zwei Tagen): Er: „Nein, das kann keine Migräne sein. Das ist ein Mischkopfschmerz.“ Ich: „Was heißt das? Was ist ein Mischkopfschmerz?“ Er: „Na dass es keine Migräne ist.“ So ähnlich hilfreich lief das ganze Gespräch, und obwohl ich ihm erzählt hab, wie viele Ibus ich nehme, hat er MÜK nichtmal angesprochen. Ich habe immer Folgendes angenommen: Es gibt einen Migränekopfschmerz (typisch einseitig, verschlimmert sich bei Bewegung, kein Appetit) und einen Migräneanfall (schlimmer Migränekopfschmerz plus andere Symptome). Aber ich scheine ja echt extrem fehlinformiert zu sein :/ Zeit, mir mal die Bücher anzuschauen!

    @ Chroninchen ich schreib dir gleich mal eine PN, danke!

    Das mit dem Porsche kenne ich, vor allem fühlt es sich morgens dann so an, als wäre er auch noch über mich drüber gefahren, besonders, wenn ich mit Kopfschmerzen geschlafen hab 😀

    so nochmal, auch für mich, zusammenfassend:
    1. in erster Linie geht es erstmal darum, den MÜK loszuwerden (von dem ich inzwischen überzeugt bin, was hab ich nur für Ärzte bisher gehabt! Ich hab nie ein Geheimnis draus gemacht und muss trotzdem selbst drauf kommen, dass es daran liegen könnte…)
    In der Zeit versuche ich jegliche überflüssigen Reize zu meiden, was bedeutet, dass ich, auch wenn ich es doof finde, mich krankschreiben lassen muss, bis die Kündigungsfrist vorbei ist.

    2. von einem guten Neurologen die Kopfschmerzen „neu“ diagnostizieren und ggf therapieren lassen, bei den Wartezeiten müsste der Medikamentenentzug ja lange durch sein.

    3. Einen Job mit wenig Reizen finden, bevor ich meine Miete nicht mehr zahlen kann.

    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende!

    Lilly

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