Was kann man tun, um mit der Schmerzerkrankung besser leben zu können? Wie verhalte ich mich Familie und Freunden gegenüber, wie kläre ich auf?
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Akzeptanz der Migräne und anderer nicht heilbarer Erkrankungen.
Schlagwörter: Akzeptanz, Bewältigung, unheilbare
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AutorBeiträge
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Ich frage mich gerade, warum es so unendlich schwer ist, die Tatsache, dass wir eine unheilbare Krankheit , die Migräne, haben, zu akzeptieren.
Das Thema würde ich gerne mal zur Diskussion stellen.Ich fang dann auch mal an:
Wir haben einen Gendefekt, der uns eventuell im Laufe des Lebens Migräneanfälle bringen kann. Wann und warum weiß niemand. Plötzlich sind sie da.
Viele andere Erkrankungen oder andere altersbedingte „Defekte“ akzeptieren wir nach einigem Grummeln dann doch und können gut damit leben, weil wir aktiv etwas tun. Die Einschränkungen nehmen wir hin und verhalten uns entsprechend.
Die von Geburt an bestehenden Beeinträchtigungen sind häufig viel schlimmer, werden aber meist viel besser toleriert.
Auch die alterungsbedingten Behinderungen meistern wir irgendwie dann doch ganz gut.
Meist fängt es mit der Brille an, nicht schön aber geht schon.
Bei vielen kommen dann Zahnprobleme auf. Kronen, Brücken, Implantate, Prothese, nicht schön aber geht schon.
Die Hüftgelenke gehen kaputt, schmerzen sehr stark. Die rettende Prothese muss her. Nicht schön, aber geht schon. Das Gehen geht ja wieder viel besser! Einschränkungen bleiben aber lebenslang.
Diese Reihe könnte man jetzt endlos fortführen.Nur die Migräne (Kopfschmerzen) wollen wir ganz bestimmt nicht. Nein, auf keinen Fall. Und wenn sie dann schon mal da ist, soll sie sich unseren Vorstellungen von einem gelungenen Leben unterordnen. Das wird sie aber nicht, genauso wie alle anderen nicht wirklich änderbaren Beschwerlichkeiten, siehe oben.
Warum ist das so?
Wir wissen doch inzwischen, dass es viele Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Geschehen in unserem Kopf gibt. Besonders hier im Headbook (auf der Basis des Wissen von Prof. Göbel und anderer Forscher) können wir uns durch fragen und besonders durch viel lesen jede Menge an Informationen holen. Warum tun wir uns damit soooo schwer???Ich hoffe, einige von euch haben Lust, ihre Meinung dazu zu schreiben.
Liebe Julia,
Ein Punkt, der mir ganz spontan dazu einfällt, hat mit der Aussage einer Freundin von mir zu tun, und ich hab mir jetzt nicht lang was überlegt,sondern schreibe das spontan hier rein, was vielleicht teilweise so schwer ist daran:
Sie hat MS, nicht in einer schweren Verlaufsform, aber trotzdem, und ich finde sie unglaublich tapfer, und hab ihr das gesagt, und sie sagte zu meinem größten Erstaunen, dass sie niemals mit meiner Migräne tauschen wollte……
für sie wäre es wichtig, einigermaßen planen zu können, und sie weiß, dass sie sich schönen muss, aber es ist irgendwie absehbarer (solange sie keinen
Schub hat natürlich), sie findet diesen Wechsel von „mir geht es gut ,heute bin ich ganz fit“ und dieses „heute geht spontan gar nix“ in Verbindung mit schlimmen Schmerzen für sie nicht tolerierbar .Das hat mich sehr erstaunt, vielleicht könnte es ein
Punkt sein, zumindest früher wars bei mir schon sehr krass mit dem
Wechsel zwischen Attacke und der Zeit dazwischen…ich hatte das Gefühl, dass diese zwei Zustände nicht zusammenzubringen sind, seit ich chronische Migräne habe, gibt es die absolut fitten Pahsen ja gar nicht mehr so…..Da gibt es bestimmt viele Gedanken zu deiner Frage, bin gespannt…… 🙂
Katharina
Hallo Headbooker,
ich bin neu hier im Forum und befasse mich schon länger auch mit der Frage der Akzeptanz. Für mich ist es eindeutig so, dass ich aufgrund der Heftigkeit und Penetranz der Schmerzen diese nicht akzeptieren kann/will. Habe seit etwa einem Jahr chronische Migräne (gesichert) und habe mit anderen Schmerzen, die mal auftreten können, wie zum Beispiel Zahnschmerzen, Bauchschmerzen etc. überhaupt kein Problem, empfinde diese sogar als „angenehm“, wenn ich das so salopp formulieren kann. Jede Art von Schmerz, der KEIN Kopfschmerz ist, lenkt mich von dem Kopfschmerz ab. Manchmal bin ich sogar „froh“ wenn während einer Attacke der Schmerz mal die Seite wechselt, was aber nicht allzu oft vorkommt.
Was mir auch enorme Probleme bereitet, ist, dass die Schmerzen so unberechenbar sind und ich ihnen so völlig ausgeliefert bin und auch nichts planen kann. Egal, was ich mache und wie ich ihnen versuche vorzubeugen, medikamentös und nicht-medikamentös, es kümmert sie nicht, sie kommen wie und wann und wo sie wollen…
Viele Grüße von River
Liebe Julia, liebe(r) River, liebe Katharina,
Akzeptanz, das ist schon schwierig. Früher war meine Migräne da, aber nichts so oft. Zwar heftig, wenn sie kam, aber sie kam nur hin und wieder.
Nun macht sie sich in meinem Leben so breit, dass es mir schwer fällt sie zu akzeptieren. Gute Phasen werden weniger und kürzer, die Nachwikungen einer Attacke füllen die schmerzfreie Zeit.
Insgesamt ist die Lebensqualität deutlich gesunken. Natürlich wird man auch älter. Und der Körper ist auch nicht mehr so widerstandfähig.
Das ist das nächste, was nach Akzeptanz ruft. Das Altern.
Erstaunlich finde ich den Bericht von Katharina. Jemand mit einer chronischen, progredient sich verschlechternden Erkrankung wie MS will nicht mit einem Migräniker tauschen. Da habe ich schon etwas ungläubig geguckt, gebe ich zu.
‚Und mich gefragt, ob die MS-kranke Freundin sich wohl daran klammert wenigstens nicht dauerhaft Schmerzen zu haben.Da gibt es Dinge, die sind noch schlimmer als das, was ich habe. Hilft das wirklich bei der Akzeptanz?
Ich finde auch dauerhafte Schmerzen sehr quälend. River lenkt sich sogar ab mit anderen Schmerzen.
Ich finde es allgmein sehr schwierig, Dinge zu akzeptieren, die absolut unabänderlich sind. Wenn man nicht Probleme gezielt angehen und lösen kann. Was dann?
Kapitulieren? Die Migräne/die Krankheit ist da. Ich kann sie nicht steuern, berechnen, sie lässt sich nicht beschwichtigen. Sie nimmt einfach Raum ein in meinem Leben. Ich weiß, dass der Kampf unglaublich viel Kraft kostet. Vielleicht ist bei mir der springende Punkt, dass ich das Gefühl habe, verloren zu haben, wenn ich mich unterordne.
Liebe Grüße
Echinacea
ein wichtiger Faden, Julia.Liebe Echinacea,
Es geht mir so wie dir. Die Unberechenbarkeit der Krankheit und dass ich ihr so ausgeliefert bin, macht mir schwer zu schaffen. Nach allem, was ich hier im Forum schon gelesen habe, geht es aber wohl genau darum, gegen die Krankheit nicht ankämpfen zu wollen, denn diesen Kampf können wir nur verlieren. Nur, wie das zu schaffen ist, habe ich für mich noch nicht herausgefunden.
River (bin übrigens eine „sie“ :-))
Meine Gedanken dazu sind folgende:
Es findet eine Verknüpfung mit „unheilbar“ und „unbehandelbar“ statt.
Man kann die Symptome der Migräne ja bei den meisten Betroffenen lindern oder auch unterdrücken und das fühlt sich dann „geheilt“ an.
„Unheilbar“ klingt nach „hilflos“, „ausgeliefert“ , „man kann nichts dagegen machen“, als ob es keine Prophylaxen oder Akutmedikamente gäbe.
Liebe Miggy,
das stimmt, den Gedanken hatte ich auch gerade.
LG
EchinaceaBei mir sind diese Begriffe leider eins, Miggy. Weder habe ich bisher ein zufrieden stellendes Akutmedikament gefunden (vor allem eines, das ich oft genug einehmen kann ohne die Gefahr zu laufen, in einen MÜK zu geraten) noch hat irgend eine Prophylaxe geholfen. Ich denke aber auch, dass zumindest die chronische Migräne in dieser Hinsicht (Unbehandelbarkeit) vielleicht ein Sonderfall ist.
Liebe River,
magst du nicht einen Faden eröffnen, wo du ein bisschen von Dir erzählst? Was du nimmst, wie lange du Migräne hast, was Du schon versucht hast an Therapien?Mir schlägt die Migräne auch so sehr aufs Gemüt. Wennich so starke Schmerzen habe, bin ich extrem mies drauf, bekomme richtig starke Depressionen. Ich denke, das kommt eben auch bei mir daher, dass ich noch keine wirklich passende STrategie gefunden habe, um die Migräne zu behandeln, die Medikamente stimmen vielleicht, aber nch nicht die Art der Einnahme. Es ist also noch Luft nach oben. 🙂
Dann ist es aber auch nötig, überhaupt mit dem eigenen Leben Frieden zu schießen, das habe ich bisher auch nicht geschafft. Immer das Gefühl, etwas versäumt zu haben, setzt mich sehr unter Druck.
Liebe Grüße
EchinaceaDie WHO hat Migräne als einer der am stärksten beeinträchtigenden Erkrankungen eingeordnet.
Das alleine zeigt schon das Ausmaß.
Trotzdem:
Ich erlebe es so, dass es sehr schlimme Tage gibt und weniger Schlimme.
An sehr schlimmen Tagen ist mein ganzes Bewusstsein angefüllt mit Migräne-Gedanken, mit Hadern, mit Traurigkeit, mit Überdruss,an weniger schlimmen Tagen versuche ich deswegen BEWUSST und mit aller Aufmerksamkeit die Wahrnehmung auf die Dinge zu richten, die GUT sind.
Wenn ich die Lupe über den jetzt gegenwärtigen Augenblick halte und alles „NIE“ und „IMMER“ ausblende, dann gibt es aktuell Dinge zu genießen. Ich genieße warme Sonne auf der Haut, ich genieße es, bei Regen drinnen zu sitzen und ihm zu lauschen, ich genieße das Essen, ich genieße es, Familie zu haben, ich genieße es, dass ich 60 bin und nicht mehr 20, . . . .
Es kostet viel weniger Kraft, wenn man die Dinge so lässt, wie sie sind und sich dessen bewusst ist, dass sie unveränderlich sind, als die Gedanken ständig darum kreisen zu lassen, wie es sein soll.
Ich HÄTTE es gern anders (also keine Migräne mehr), und das IST so.
Und es geht nicht, und auch das IST so.
und dieser Zwiespalt IST ein Zwiespalt. IST so.
Einfach Tatsache, keine Bewertung.
Dann lässt es mich viel eher mal los.Das Leben NEBEN der Migräne sehen..
Ich BIN nicht Migräne, ich HABE Migräne. und manchmal auch nicht.Die Vergangenheit ist vergangen und kann nicht mehr korrigiert werden.
Die Zukunft ist noch nicht da und für jeden gibt es irgendwann den Augenblick, wo sie auch gar nicht mehr kommt.
Das JETZT kann man gestalten. Und auch die Gedanken, die man sich JETZT macht.@alchemilla, auch wenn deine Gedanken für mich nicht neu sind, bin ich dir sehr dankbar, daß du einfach unermüdlich immer wieder auf die wesentlichen Punkte zu sprechen kommst! 🙂
Z.B. ,daß eben auch das Hadern, das Klagen etc. ihre Daseinsberechtigung haben. Man muß ja nicht daran festhalten! 🙂DANKE
@ echinacea, hast du schon mal daran gedacht, mit Meditation oder einem anderem Achtsamkeitsübungsprogramm zu beginnen.? Das könnte dir helfen auf deinem Weg zu mehr innerem Frieden.
Ich selbst liebe es zu meditieren und und überhaupt die Zeiten des Nichtstun. Die baue ich, wo es geht, in meinen Tagesablauf ein.Liebe Grüße
UlrikeJa, warum hadern gerade Migräniker oft so sehr mit ihrem Schicksal?
Migräniker möchten gerne die Kontrolle haben, die Zügel nicht aus der Hand geben. Bei einer schwer verlaufenden Migräne kommt man da schnell mal an seine Grenzen und stellt fest, dass das, was sonst funktioniert, hier eben ins Leere läuft. Das frustriert und lässt Gedanken an Ausgeliefertsein aufkommen. Man muss die Kontrolle nach und nach aufgeben. Je mehr mal sie verliert, desto mehr kämpft man um das, was man als Selbstbestimmung betrachtet. Dieser Kampf ist nicht zu gewinnen, er saugt aber das letzte Bisschen Kraft raus, was man in den schmerzfreien Phasen anders, besser, vernünftiger einsetzten sollte.
Erschwerend kommt hinzu, dass Migräne noch keinesfalls überall als schwer behindernde Erkrankung anerkannt ist. Man kann also wenig Verständnis und Mitgefühl erwarten, was es einem selbst schwerer macht, die Erkrankung zu akzeptieren. „Sind ja nur Kopfschmerzen, haben andere auch mal, muss doch in den Griff zu bekommen sein …“
Es gibt aber einen Ausweg: Akutmedikation und – wenn nötig – medikamentöse Prophylaxe müssen passen! Sehr schnell wird dann das Leben wieder besser planbar und man fühlt sich nicht mehr ausgeliefert und fremdbestimmt. Verhalten gegebenenfalls ändern, Entspannungsverfahren lernen und anwenden, Pausen machen und nicht mehr alles mitnehmen, was man meint, mitnehmen zu „müssen“. Man muss gar nichts! 🙂
Hier sollte man Energien zielgerichtet einsetzen, aber doch nicht in einen sinnlosen Kampf. 😉
Übrigens, herzlich willkommen River. 🙂
Liebe Grüße
Bettina -
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