In dieser Gruppe können wir alle unsere missglückten Versuche beschreiben, der Migräne zu Leibe zu rücken.
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Kampf der Ärzte
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AutorBeiträge
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Hallo liebe Headbooker!
Ich leide selber unter Migräne, so auch mein Mann und leider ebenfalls unser Sohn. Dieser ist nun im wahrsten Sinne des Wortes das Sorgenkind. Er hat mittlerweile seit 2 Jahren praktisch Dauermigräne. Ein normales Leben ist unmöglich.
Wir sind beide schon vorher in Behandlung bei einem lokalen Schmerzarzt und auf Anraten einer Vertreterin einer Selbsthilfegruppe haben wir für ihn nun auch einen Neurologen gesucht. 200 km von uns entfernt sind wir fündig geworden, was einen Neurologen betrifft, der sich auch mit Migräne auskennt.
Jetzt geht das Drama los: der Schmerzarzt fühlt sich auf die Füße getreten, weil wir zum Neurologen gegangen sind und redet das klein, was man dort als Prophylaxeversuch verschrieben hat. Es gab dann einen Gegenvorschlag, den ich dem Neurologen nicht vorenthalten habe. Dieser wiederum schlägt das in den Wind.
Jetzt stehen wir als Laien da und wissen nicht, was wir machen sollen.
Eigentlich hatte ich gedacht, die Herren würden zusammenarbeiten, aber jetzt komme ich mir vor, wie vor 30 Jahren, als sich meine Eltern scheiden ließen: „du musst entscheiden, wem du glaubst und wem nicht!“
Super!
Leider haben wir eine negative Erfahrung mit dem Neurologen gemacht, den wir zuvor kontaktiert haben und sind jetzt gerade erst zum ersten Termin bei dem zweiten gewesen. D.h. wir haben noch keine richtige Erfahrung, ob er „der Richtige“ sein könnte.
Was ist eure Meinung? Ist es wichtiger einen Neurologen an sich zu haben? Sollen wir versuchen, den Balanceakt zwischen den beiden Kontrahenten zu bewerkstelligen?
Sicher kann mir keiner von euch eine Patenlösung bieten. Ich wäre aber über ein wenig Input oder Gedanken von euch dankbar. Vielleicht hilft mir das ja, selber klarere Gedanken zu bekommen.Liebe Alexandra,
herzlich willkommen in Headbook!
Ich kann euch sehr gut verstehen, dass ihr euch einen Neurologen gesucht habt. Wenn ihr mit dem Schmerzarzt nicht vorankommt und euer Sohn unverändert an derart schlimmer Migräne leidet, sollte man sich zusätzliche Hilfe holen. Es geht in erster Linie um euren Sohn und eure schwierige Lebenssituation. Auch wenn es für einen Arzt natürlich nicht so super ist, wenn Patienten sich an andere Ärzte wenden, weil ihm das das Gefühl geben kann, er würde nicht genügen oder ihr wärt nicht zufrieden, so kann man das im Gespräch klären. Gute Ärzte kommen mit so etwas klar.
Ich selber hatte mal einen operativen Eingriff vor mir, den meine Fachärztin in einer Privatklinik, die etwas entfernt liegt, selber durchführen wollte. Ich hätte dazu eine Nacht bleiben müssen. Ich selber bin aber lieber in das nahe gelegene örtliche Krankenhaus gefahren, dort wurde das ambulant durchgeführt.
Da war sie auch richtig beleidigt. Als ich dann mit den Bildern nach dem Eingriff ankam, wollte sie sie nicht einmal sehen und meinte schnippisch, sie könne dazu eh nichts sagen, sie hätte die Bilder selber nicht gemacht und könne das deshalb nicht beurteilen.Wie alt ist denn dein Sohn?
Wie behandelt ihr seine Schmerzen?
Ist die Diagnose Migräne von allen Fachleuten bestätigt worden?Wenn ein Kind derart schlimm betroffen ist und man ambulant nicht weiterkommen sollte, würde ich mich um einen Aufenthalt in der Schmerzklinik Kiel bemühen. Dort sitzt die geballte Kompetenz.
Doch zuerst sollten natürlich alle ambulanten Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Magst du uns schreiben, was der Schmerzarzt und was der Neurloge vorgeschlagen haben?Auf jeden Fall ist es wichtig, dass ihr euch gut aufgehoben fühlt, ein Vertrauensverhältnis aufgebaut werden kann und die Chemie zwischen euch stimmt. Eine fachliche Beurteilung ist für uns Laien immer schwierig. Wobei ich inzwischen auch mutiger geworden bin, Vorschläge von Ärzten abzulehen.
Ein Orthopäde vor Ort machte mir schon mehrfach den Vorschlag einer Stoßwellentherapie – und das bei unterschiedlichen Diagnosen. Kostenpunkt 180,-€ zum Selberzahlen, ein Schnäppchenpreis seiner Meinung nach. Irgendwie drängen sich da bei mir gewisse Vermutungen auf, dass er nicht nur in meinem eigenen Interesse handelt… 😉
Lieber Gruß
HeikaLiebe Alexandra,
wenn Du schon viele Reisen bis nach Tibet unternommen hast und die dortigen alten Heilen persönlich kennst, hast Du beste Vorraussetzungen auch mit dem Streit westlicher Ärzte zurecht zu kommen 😉
Es ist immer schwierig eine Behandlung von zwei nicht kommunizierenden Ärzten durchführen zu lassen. Wenn die sogar aufeinander eifersüchtig sind und Kämpfe miteinander austragen, kann nur der Patient darunter leiden.
Ich gehe mal davon aus, dass man die beiden Ärzte nicht zu einem schlüssigen gemeinsamen Behandlungskonzept bringen kann, das wäre natürlich das beste.
Ich persönlich würde unter diesen Bedingungen wohl so vorgehen: Die Behandlung durch den lokalen Schmerzarzt hat ja nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Bei 2 Jahren Dauermigräne wünscht man sich ja etwas mehr. Zumindest eine Perspektive oder die Auseinandersetzung damit, dass er keine Perspektive sieht.
Ich würde die Termine beim Schmerzarzt also erst einmal absagen und zum Neurologen wechseln und sehen ob dessen Herangehensweise und Therapie besser passt und mehr Erfolge bringt.Wenn die Behandlung durch den Neurologen nichts bringen sollte und der auch keine Behandlungsalternativen aufzeigen kann, könnt ihr doch immer noch zum Schmerzarzt zurück (wenn ihr das denn unbedingt wollt).
Liebe Grüße
Ein herzliches Willkommen, liebe Alexandra. 🙂
Das geht gar nicht, dass Ärzte nicht miteinander sondern gegeneinander arbeiten. Der leidende Patient steht dazwischen und ist der Leidtragende.
Welche Therapien wurden denn empfohlen, das würde mich jetzt direkt mal interessieren. So diametral auseinander „können“ diese eigentlich gar nicht sein.
Ich würde mit einem so schwer leidenden Kind auf in die Schmerzklinik nach Kiel, damit gar nicht lange fackeln. Um die „Streithähne“ zu Hause kannst Du Dich später noch kümmern. 😉
Liebe Grüße
BettinaLieber Glückdererde,
wenn Du schon viele Reisen bis nach Tibet unternommen hast und die dortigen alten Heilen persönlich kennst, hast Du beste Vorraussetzungen auch mit dem Streit westlicher Ärzte zurecht zu kommen ?
sollte dieser Hinweis vielleicht an Alex gehen?
Hallo Heika, Bettina & glückdererde!
Danke für eure Antworten.Was ich vergessen habe zu erwähnen und was die Angelegenheit nicht gerade einfacher macht: mein Sohn ist im Frühjahr 18 geworden und ein echter Norddeutscher Sturkopf.
Das heißt, ich kann mir im Prinzip den Mund fusselig reden, entscheiden kann ich nichts mehr.Der Schmerzarzt vor Ort ist hier in der Pampa fast der einzige in erreichbarer Distanz, (wie der einzige andere) völlig überfüllt und nimmt schon keine neuen Patienten mehr auf.
Beim Neurologen hatte mein Sohn erst einen Termin, weiß also noch nicht so richtig, ob die Chemie stimmt und wo die Reise bei ihm hingehen soll.
Deshalb bin ich ziemlich widerstrebend, den Schmerzarzt in den Wind zu schießen. Im schlimmsten Fall stehen wir ohne Arzt da.Der Schmerzarzt hat einen Versuch mit Cannabisöl vorgeschlagen, bevor man mit einem Betablocker weitermacht, welcher das letzte Prophylaxemittel auf der Liste ist, welches vor der Antikörpertherapie ausprobiert sein muss. Also die Richtung geht zur CGRP-Antikörper Spritze. Das Cannabis soll meinem Sohn in erster Linie eine Entspannung bringen, zumal er unter Schlafstörungen leidet. Gut fand ich, dass er das nicht gleich sofort durchziehen wollte, sondern erst abwarten wollte, ob die erst kurz davor vom Neurologen verschriebene Topiramat Therapie anschlägt. Also so ganz boykottieren will er den Kollegen nicht, auch wenn er die Information über die Topiramat Therapie mit „ja, das ist das Lieblingsmittel der Neurologen“ schon abgetan hat.
Der Neurologe möchte nun, nach dem vergeblichen Versuch mit Topiramat (keine Wirkung, außer Nebenwirkungen) mit Botox weitermachen. Er schrieb mir zum Thema Cannabis, dass er dringend davon abrate. Warum „dringend“ hat er nicht gesagt.
Botox wurde in der Vergangenheit schon mal als mögliche Therapie angesprochen (beim Schmerzarzt und im Familienkreis) und mein Sohn ist vehement dagegen. Er ließe sich kein Nervengift spritzen. Bei dem Wort Cannabis ist er hingegen gleich hellhörig geworden (ich verdrehe gerade die Augen). Da er vor den Herbstferien noch diverse Klausuren schreiben musste und genug damit um die Ohren hatte, habe ich die Diskussion in diese Woche verschoben, in der Hoffnung vernünftig mit ihm reden zu können.
Ich werde ihm erklären, dass es für Cannabis keine Belege der Wirksamkeit gibt, insbesondere was Migräne angeht, und ihm die relativ geringen Nebenwirkungen von Botox vor Augen führen. Aber wie gesagt, ich kann ihn zu nichts zwingen. Er wird entscheiden, was er macht. Ich hoffe nur, ihm gut genug ins Gewissen reden zu können, dass er es zumindest mit Botox probiert.
@Bettina: Was die Schmerzklinik in Kiel angeht: er war bereits vor ein paar Jahren zu einem Jugendkurs (wie verhalte/ernähre ich mich mit Migräne), der 14 Tage ging und nicht auf die eigentliche Behandlung abzielte. Leider haben diese 14 Tage Fehlzeiten einen Mechanismus ausgelöst (ich fehle in der Schule, bekomme Stoff nicht mit, den ich nachholen muss, aber nicht ganz schaffe; das bereitet mir Stress, der Migräne auslöst, weswegen ich fehle und Stoff verpasse; usw), der sich immer weiter verstärkt/verschlimmert hat, bis mein Sohn vor 2 Jahren in die Dauermigräne plus etwas später Depression gelangt ist. Eine ambulante Psychotherapie, die er zur Unterstützung bekam, konnte ihm auch nicht so weit weiterhelfen, so dass ein Klinikaufenthalt dringend angeraten war. Wegen der Erfahrung in Kiel hatte ich mich auch wieder an das Team von damals gewandt, aber man hat mir gesagt, dass man für die Behandlung von Erwachsenen ausgelegt sei und meinen Sohn deshalb nicht aufnehmen könne. Seinerzeit war ich wirklich auf mich allein gestellt bei der Suche nach Hilfe für meinen Sohn. Ich habe dann eine psychosomatische Klinik gefunden, die im Programm auch Migräne aufgeführt hatte, gute Erfahrungsberichte vorweisen konnte und ihn dazu noch recht zeitnah aufnehmen konnte. Leider hat sich herausgestellt, dass man dort mit Migräne keine wirkliche Erfahrung hat. Man hat sich bei ihm auf die Depression konzentriert und dabei auch teilweise die Migräne als Vermeidungsverhalten kategorisiert. Das hat bei meinem Sohn zum Ende des Aufenthaltes zu einer Abwehrhaltung geführt. Die fast 5 Monate in der Klinik hatten keinen Einfluss auf seine Migräne, was mich ehrlich gesagt zuerst richtig wütend gemacht hat, denn das Resultat war, dass mein Sohn das Schuljahr wiederholen durfte (sprich keinen weiteren Versuch in der Oberstufe mehr hat, weswegen ein weiterer Klinikaufenthalt momentan praktisch nicht machbar ist). Trotzdem muss ich eingestehen, dass die Zeit nicht nutzlos war, denn er hat sich im Anschluss nicht mehr 24/7 in sein verdunkeltes Zimmer verkrochen, sondern war wieder zugänglicher, hat am Alltagsleben teilgenommen und hatte wieder mehr Lebensmut.
Dann kam Corona und Home-Schooling, was ihm richtig gut getan hat (also Letzteres): lernen wann er kann, nicht wann er muss; Hausarbeiten statt Klausuren unter Zeitdruck. Das Zeugnis war richtig gut und er hat gezeigt, dass er fähig ist, mitzuhalten, wenn die Bedingungen stimmen. Das hat ihm auch Auftrieb gegeben.
Seit Anfang des neuen Schuljahres mit Regelbetrieb hingegen steht es wieder schlecht um ihn. Ein Stundenplan mit 8 bis 10 Stunden jeden Tag ist nicht leistbar. Das macht ihm nun wieder Sorgen und wir driften stimmungsmäßig wieder gen schwarzes Loch. Vor allem weil ihm die Perspektivenlosigkeit viel Angst macht. Schule ist extrem schwierig, aber er fragt sich, was die Alternative ist. Eine Ausbildung ist unter den Bedingungen auch nicht leistbar. Und seine Träume in beruflicher Hinsicht sind schon gar unerreichbar. Auch seine größten Hobbys, Karate und Baseball, musste er an den Nagel hängen, weil diese Sportarten Peak Leistungen erfordern und damit seine Migräne verschlimmern. Das alles ist für einen so jungen Menschen eine echte Katastrophe. Und als Mutter steht man praktisch hilflos daneben und muss ansehen, wie seine Welt zusammenbricht. Ehrlich: unerträglich.
Ich will gar nicht aufzählen, was bei mir noch alles auf die Schultern geladen wird (nein, kann man leider nicht vermeiden), weil ich nicht Mitleid einheimsen will. Was mir nur fehlt ist eine Perspektive für die Behandlung meines Sohnes, ein Sonnenstrahl am Horizont, damit ich den Rest wieder besser schultern kann. So möchte ich mich manchmal am liebsten „in Luft auflösen“, mache aber nichts dergleichen, weil ich weiß, dass es sonst für alle nur noch schlimmer wird.
Sorry, jetzt habe ich mich doch noch ziemlich ausgemärt. Ich hoffe, ihr seht es mir nach.
LG
AlexandraLiebe Alexandra,
habe ich das richtig verstanden, dass dein Sohn zu diesem 14-tägigen Kurs in einer anderen Klinik war und noch nicht in der Schmerzklinik? In der Schmerzklinik Kiel gibt es nämlich ein super gutes Konzept, das alle Bereiche einer Kopfschmerzerkrankung umfasst, das wird ihm auf jeden Fall weiterhelfen.
Bei meinem Aufenthalt in der Schmerzklinik Kiel habe ich mitbekommen, dass es manchmal extra Jugendgruppen gibt, die man zeitlich zusammenlegt. Das ist für die jungen Patienten angenehmer als in allen Gruppen mit „gefühlten Senioren“, also alles über 30 😉 ?, zusammensein zu müssen.
Aufenthalte können auch in Schulferien gelegt werden, dann fällt keine Schule aus.
Vielleicht hat dein Sohn auch mehr Respekt vor den Spritzen als vor dem Nervengift Botox selber? Junge Männer mögen das ja manchmal nicht so richtig zugeben… ? Die Dosis von Botox ist eine ganz andere als die, die in der kosmetischen Behandlung eingesetzt wird, also noch niedriger dosiert. Und eigentlich sollte man nach Angaben der Krankenkassen Botox ausprobiert haben, bevor man die Antikörper-Spritzen bekommt.
Ich gebe zu: Cannabis klingt für einen 18-jährigen halt schon irgendwie interessant ?. Doch es zeigt wirklich keinen nachgewiesenen Nutzen bei Migräne und den wichtigen Teil, nämlich eine Entspannung, bekommt man natürlich auch auf anderen und viel sinnvolleren Wegen hin.
Den Betablocker würde ich auf jeden Fall versuchen, normalerweise ist dieser das erste Mittel, das man zur Migräneprophylaxe ausprobiert. Topiramat sollte erst am Schluss kommen, weil dort das Nebenwirkungspotential recht hoch ist.
In eurem Fall kann ich sehr gut verstehen, dass man einen Schmerztherapeuten oder Arzt nicht schnell aufgibt. Ich wohne selber in einer Gegend, in der die ärztliche Versorgung sehr dürftig ist. Wir haben eine einzige neurologische Praxis vor Ort und die ist nicht nur total überlaufen, sondern sowieso nicht empfehlenswert. Da habe ich selber schon üble Erfahrungen gemacht (Mir waren damals Triptane für eine Zeitlang verboten worden, nichts anderes half, der Neurologe: „Die normalen Schmerzmittel helfen schon, man muss sie nur richtig nehmen!“ – Als sei ich zu dumm dafür.)
Lieber Gruß
HeikaNoch etwas, liebe Alexandra: In Headbook darf man sich alles von der Seele schreiben, was einen drückt. Dafür brauchst du dich wirklich nicht zu entschuldigen.
Wir wissen, wie schwer so eine Erkrankung ist, wie schwer manchmal, einen guten Arzt zu finden, wie schwer, ein erfülltes Leben zu führen, wenn man so oft durch die vielen Schmerzen ausgeschaltet wird. Und auch wie schwer es für dich als Mutter ist, dein Kind so leiden zu sehen und nicht viel tun zu können.
Nur eine kleine Bitte: Bei langen Beiträgen zwischendurch mal eine Leerzeile einbauen, dann liest es sich für uns leichter.
Liebe Alexandra,
Der Schmerzarzt hat einen Versuch mit Cannabisöl vorgeschlagen, bevor man mit einem Betablocker weitermacht, welcher das letzte Prophylaxemittel auf der Liste ist, welches vor der Antikörpertherapie ausprobiert sein muss.
der Schmerzarzt weiß wohl nicht, dass Betablocker Mittel der 1. Wahl sind und somit vorrangig eingesetzt werden sollten. 😉 Cannabis ist völlig außen vor, es gibt keine Evidenz dafür.
Der Neurologe möchte nun, nach dem vergeblichen Versuch mit Topiramat (keine Wirkung, außer Nebenwirkungen) mit Botox weitermachen. Er schrieb mir zum Thema Cannabis, dass er dringend davon abrate. Warum „dringend“ hat er nicht gesagt.
Er rät dringend davon ab, weil es für den eh schon so schwer betroffenen jungen Mann eine weitere Verzögerung wahrscheinlich ohne Wirkung bedeuten würde. Zudem kann es gravierende psychische Nebenwirkungen haben, besonders bei Jugendlichen. Ich würde mich eher am Neurologen orientieren, er scheint ihn ja gut zu betreuen.
Er ließe sich kein Nervengift spritzen. Bei dem Wort Cannabis ist er hingegen gleich hellhörig geworden (ich verdrehe gerade die Augen).
Das ist es halt leider – Cannabis wird gehypt und ist cool für die Jugendlichen. Von Botox hat er keine Ahnung und lehnt mal kategorisch ab. Schade, aber er ist erwachsen und zwingen kann und sollte man seine Kinder sowieso zu nichts.
Leider hat sich herausgestellt, dass man dort mit Migräne keine wirkliche Erfahrung hat. Man hat sich bei ihm auf die Depression konzentriert und dabei auch teilweise die Migräne als Vermeidungsverhalten kategorisiert. Das hat bei meinem Sohn zum Ende des Aufenthaltes zu einer Abwehrhaltung geführt. Die fast 5 Monate in der Klinik hatten keinen Einfluss auf seine Migräne, was mich ehrlich gesagt zuerst richtig wütend gemacht hat, denn das Resultat war, dass mein Sohn das Schuljahr wiederholen durfte (sprich keinen weiteren Versuch in der Oberstufe mehr hat, weswegen ein weiterer Klinikaufenthalt momentan praktisch nicht machbar ist). Trotzdem muss ich eingestehen, dass die Zeit nicht nutzlos war, denn er hat sich im Anschluss nicht mehr 24/7 in sein verdunkeltes Zimmer verkrochen, sondern war wieder zugänglicher, hat am Alltagsleben teilgenommen und hatte wieder mehr Lebensmut.
Das ist natürlich sehr schade, aber diese Erfahrung machen nicht wenige Betroffene. Auch wenn er eine (reaktive?) Depression entwickelt hatte, darf der Fokus nicht nur darauf gelegt werden. Wer wird nicht depressiv bei schwer behandelbaren Dauerschmerzen?
In Kiel ist er nur 16 Tage, der Aufenthalt kann auch in den Ferien irgendwie realisiert werden.Dann kam Corona und Home-Schooling, was ihm richtig gut getan hat (also Letzteres): lernen wann er kann, nicht wann er muss; Hausarbeiten statt Klausuren unter Zeitdruck. Das Zeugnis war richtig gut und er hat gezeigt, dass er fähig ist, mitzuhalten, wenn die Bedingungen stimmen. Das hat ihm auch Auftrieb gegeben.
Da würde ich ansetzen, Homeschooling bei ihm mit neurologischem Gutachten durchsetzen! Es darf nicht sein, dass die Krankheit seiner Schulbildung, seine Zukunft im Wege steht. Habt Ihr Betreuung in dieser Hinsicht? Hat er einen Ausweis für Schwerbehinderung?
Du tust mir so unsagbar leid, Dein Sohn auch. 🙁 Meine Kinder sind auch betroffen, waren damals in der Schmerzklinik in Behandlung und sind auf einem guten Weg. Und wie Heika schon schreibt – Du kannst immer Deine Sorgen mit uns teilen, denn wir verstehen Dich und viele von uns sind Eltern von Kopfschmerz-Kindern. ?
Liebe Grüße
BettinaSo, nun habe ich das gefürchtete Gespräch mit dem Nachwuchs durch und es ist genauso gekommen, wie ich es befürchtet habe: er hat seine kategorische Ablehnung gegenüber dem „Nervengift“ bestätigt und war bockig, als ich ihm meine Gedanken zu Cannabis geäußert habe.
Dann habe ich noch mit Engelszungen und jeder Menge Argumente auf ihn eingeredet und zumindest will er nun mit dem Neurologen über das Thema Botox REDEN. Somit werde ich den Arzt auch schon mal vorab auf die zu erwartende Schwierigkeit des Gesprächs vorbereiten.(Leerzeile: habe etwas gelernt! 😉 )
Wir haben uns darauf geeinigt, dass er zu dem Termin mit dem Schmerzarzt (1 Woche vor Neurologen) erstmal hingeht und sich das anhört, was der zum Thema Cannabis zu sagen hat, aber mit der Einnahme wartet, bis wir beim Neurologen waren. So habe ich Zeit gewonnen und es spricht noch mal jemand mit ihm, der mehr Ahnung vom Thema hat.Was das Thema Kliniken angeht: er ist 14 Tage in Kiel gewesen zu einem „Verhaltenslehrgang“ und im letzten Jahr 4,5 Monate in einer psychsomatischen Klinik.
Ich werde mal versuchen das Thema Kiel noch einmal auf den Tisch zu bringen. Unter der Voraussetzung, dass es tatsächlich in den Ferien stattfinden kann.Was das Homeschooling angeht, wüsste ich nicht, wie man das durchsetzen könnte. Es war ja nur im Lockdown, wo alle Schüler in NDS zuhause waren. Wie man das JETZT bewerkstelligen sollte, wüsste ich beim besten Willen nicht. Muss man dafür zur Schulbehörde? Zur Schule? Hat jemand da Erfahrung?
Schwerbehinderung: mit dem Thema habe ich mich auch noch nicht befasst. Wenn man das beantragt, ist das dann für immer so? Mein Sohn würde gerne zur Polizei (ja ich weiß, ist momentan in weiter Ferne) und wenn das nicht reversibel wäre, dann ist das Thema bei meinem Sohn nicht ansprechbar.
Wie ihr merkt, ist es immer sehr schwierig, mit ihm zu reden, weil er so richtig schön pubertiert. Er und mein Mann zoffen sich, sobald sie nur 2 Worte miteinander reden und ich muss immer vermitteln. Ich gehe verbal wie auf rohen Eiern! Das macht mich nervlich fertig. Manchmal möchte da einfach nur raus. Aber dann bricht das Kartenhaus völlig zusammen. Also Augen zu und durch!
Ich bin euch für eure Tipps und Gedanken richtig dankbar. Auch wenn es doch nicht so persönlich ist, wie ein Gespräch, ist es gut, sich nicht alleine zu wissen.
DANKE!Hallo Alexandra,
es tut mir wirklich leid für deinen Sohn und euch als Eltern, das ist sicher sehr belastend.Wenn du mal unter „Hausunterricht“ googelst, kannst du sicher irgendwo etwas zu den Regelungen finden. In NRW würde man mit Attest den Hausunterricht für entspr. Schüler/innen mit einem Antrag an der Schule stellen, die es ans zuständige Schulamt zur Entscheidung weitergibt. Ich finde das eine gute Idee von Bettina.
Zudem möchte ich beitragen, dass ich selbst eine Anerkennung auf Schwerbehinderung habe, die ich ca. alle 2 Jahre erneut durch fachärztliche Gutachten wieder nachweisen muss. Somit ist dies keine Entscheidung fürs Leben. Ob dein Sohn mit dieser schwergradigen Migräne zur Polizei-Ausbildung zugelassen wird, steht auf einem anderen Blatt, aber man kann ja nicht gleich jede Hoffnung nehmen und viele werden aus den verschiedensten Gründen abgewiesen.
Dass dein Sohn Botox als Nervengift ablehnt, erinnert mich an meine eigene Geschichte, das war auch lange MEIN Argument, doch als ich in einer chronischen Phase war, habe ich mich vom Facharzt überzeugen lassen und eine Zeit lang hat es mir recht gut geholfen.
Als es dann nicht mehr half, habe ich selbst darum gebeten, Antikörper testen zu dürfen, sobald Aimovig auf den Markt kam. Und damit habe ich nun von allen (meist wirkungslosen Prophylaxen) den besten Erfolg ever. Vor drei Monaten habe ich von 70mg auf 140mg erhöht und nun seit über 2 Wochen schmerzfrei, insgesamt von vorher 15-25 schweren Tagen/Monat auf ca. 5-6 leichte Schmerztage/Monat, die ich wenn überhaupt mit Naproxen behandle, was vorher nie geholfen hat. Zusätzlich noch eine Erhaltungsdosis eines Antidepressivums (Doxepin), andere Antidepressiva hatten nicht gewirkt oder vertrug ich nicht. Es ist leider oft eine Zeit des „Rumprobierens“ und kein Arzt kann einem vorher ansehen, was wie bei wem wirkt.Ich wünsche euch wirklich sehr, dass ihr bald einen erträglichen Weg findet und deinem Sohn die nötige Zuversicht und Durchhaltevermögen.
Alles Liebe für euch alle,
Jasmin -
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